Im Zug der globalen Krisenbekämpfungspolitik füllt sich auch die Kasse der Grossbank. Doch kein Glück währt ewig. Schon bald könnte neues Unheil anstehen.
Die Corona-Pandemie scheint sich für die globale Finanzindustrie und insbesondere auch für die UBS als Glücksfall zu erweisen. Was klingt wie eine Provokation, wird von der grössten Schweizer Bank mit vielen Zahlen untermauert.
In den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres hat der Konzern mit 17,7 Milliarden Dollar 15 Prozent mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres eingenommen und den Gewinn um 35 Prozent auf 3,8 Milliarden Dollar gesteigert.
So schnell wachsen etablierte Banken wie die UBS in ihren hart umkämpften und mindestens in den westlichen Industrieländern weitgehend gesättigten Märkten nur in ganz seltenen Ausnahmesituationen. Eine solche stellt die Pandemie ohne Frage dar.
Die gigantischen fiskalischen Massnahmen vieler Regierungen zur Dämpfung der wirtschaftlichen Folgen der Pandemie haben den Finanzmärkten in den vergangenen zwölf Monaten einen gewaltigen Schub gegeben. Der globale Aktienindex MSCI World ist im Zwölfmonatszeitraum um mehr als 30 Prozent gestiegen und die langfristigen Zinsen sind mindestes bis vor kurzem stark gefallen.
Davon hat die nach eigenen Angaben weltgrösste Vermögensverwalterin kräftig profitiert. Wertmässig sind die verwalteten Kundenvermögen um rund einen Viertel auf 3230 Milliarden Dollar (Ende Juni) gestiegen – der allergrösste Teil als Folge einer rein marktbedingten Aufwertung. Jener Teil der Kundenvermögen, aus denen die Bank typischerweise wertabhängige Gebührenerträge generiert, hat sogar um 28 Prozent auf 1416 Milliarden Dollar zugenommen.
Als Folge dieses Volumenwachstums hat die Bank im Berichtshalbjahr in ihrem Hauptgeschäft der Vermögensverwaltung 29 Prozent mehr verdient als im Vorjahr. Spektakulär ist dieser Wert auch deshalb, weil die Banken in den schlimmsten Zeiten der Pandemie im Gegensatz zu vielen anderen Branchen keine Einbussen hinnehmen mussten – im Gegenteil: UBS konnte im ersten Halbjahr 2020 ihren Umsatz um 4 Prozent und den Gewinn sogar um 12 Prozent gegenüber Vorjahr verbessern.
Das Vermögensverwaltungsgeschäft der UBS erweist sich in der aktuellen Situation als veritable Geldmaschine, zumal sich die gestiegenen Volumina der Kundengelder offenbar auch mit weniger Mitarbeitenden verwalten lassen.
Im April hatte Konzernchef Ralph Hamers ein Programm zur Senkung der betrieblichen Kosten um eine Milliarde Dollar bis 2023 angekündigt. Wie viele Entlassungen damit verbunden sind wollte UBS-Chef Ralph Hamers auch auf der Telefonkonferenz mit Journalisten nicht sagen. Im Mai kursierten Spekulationen von weltweit bis zu 3000 Entlassungen, davon 700 in der Schweiz.
Fakt ist, dass die UBS in der Schweiz seit Anfang Mai überzählige Mitarbeitende wieder aktiv in das Coaching-Programm befördert, das eine interne oder externe Umplatzierung binnen acht bis zwölf Monaten zum Ziel hat. Von März 2020 bis Mai 2021 hatte sich die UBS ein Restrukturierungsmoratorium auferlegt, um einen Beitrag zur Bewältigung der wirtschaftlichen Folge der Pandemie zu leisten. Offensichtlich wurden die Restrukturierungspläne in dieser Zeit aber weiterverfolgt, sodass sie nun schnell umgesetzt werden können.
«Scaleability» oder auf gut Deutsch die Ausschöpfung von Skaleneffekten und Grössenvorteilen ist denn auch eines der zentralen strategischen Ziele, die CEO Ralph Hamers erreichen will. Neu ist dieses Ziel allerdings mitnichten.
Der vormalige UBS-Chef Sergio Ermotti war 2011 ebenfalls mit dem Anspruch angetreten, die Bank schlanker, sicherer und profitabler zu machen. 2015 schien er sein Ziel erreicht zu haben. Der Konzernumsatz stieg im ersten Halbjahr um 16 Prozent auf 16,7 Milliarden Franken (damals bilanzierte die UBS noch in Franken) und der Gewinn schoss sogar um 73 Prozent auf 3,2 Milliarden Franken nach oben. Der Erfolg war nicht zuletzt dem Umstand geschuldet, dass die Bank in jener Phase zum ersten Mal seit längerer Zeit keine milliardenteuren Strafzahlungen mehr verbuchen musste. Die Investoren jubilierten und verhalfen den UBS-Aktien zum Sprung weit über die Kursmarke von 20 Franken.
Doch die Freude währte nicht lange. Bald darauf musste sich Ermotti bei den Finanzanalysten regelmässig für die stagnierende Geschäftsentwicklung entschuldigen. Er klagte über das passive Anlageverhalten seiner Kunden und bat die Finanzgemeinde um Geduld.
Für Hamers könnte die Geschichte einen ähnlichen Verlauf nehmen, zum Beispiel wenn es Ende September in Frankreich die nächste Milliardenbusse für UBS absetzen sollte. Und wie sich dannzumal die Stimmung der Kunden präsentieren wird, die Hamers derzeit als «optimistischer denn je» beschreibt, bleibt abzuwarten. Die Investoren sind im Vergleich zu damals jedenfalls deutlich zurückhaltender geworden. Trotz einer positiven Kursreaktion auf die aktuellen Ergebnisse notieren die UBS-Aktien immer bei 14 Franken.