Messe
Genf verliert den Autosalon

Die «Geneva International Motor Show» (GIMS) wird auch 2023 nicht in der Schweiz, dafür in Katar stattfinden. Die Stiftung der Genfer Automesse hat ihre Markenrechte bereits nach an den Golfstaat verpfändet.

Christian Mensch
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Ein Zuschauermagnet: Automobilsalon Genf 2001.

Ein Zuschauermagnet: Automobilsalon Genf 2001.

Bruno Oberlin/COOLPIX

Genf verliert den Autosalon. Die Stiftung der Automesse hat ihre Markenrechte bereits nach Katar verpfändet. Bereits zum vierten Mal in Folge ist der Genfer Autosalon abgesagt: Auch die vom Herbst 2022 auf Frühjahr 2023 verschobene Messe wird nicht stattfinden.

In einer Medienmitteilung listet der Veranstalter die Gründe auf: die Unsicherheit in der Weltwirtschaft, die geopolitische Lage, die anhaltenden Risiken mit der Pandemie. Nicht auf der Liste: die zunehmende Zurückhaltung der Automobilwirtschaft, das gespannte Verhältnis zur Palexpo sowie die Verpflichtungen gegenüber dem neuen Partner in Katar.

Die Automobilkonzerne zögern

Erst vor Wochenfrist widmete die «Automobil Revue» einen kritischen Beitrag der «Geneva International Motor Show» (GIMS), wie die Veranstaltung seit einigen Jahren heisst. Anbieter wie Ferrari, Nissan und Mercedes hätten sich bereits abgemeldet, nur gerade Renault und Dacia hätten fest zugesagt. Die weiteren angefragten Automobilkonzerne seien noch im Status des Zögerns, beschrieb die Fachpublikation die unsichere Ausgangslage.

Das Branchenverhalten erinnert damit an die Uhren- und Schmuckbranche, die sich zuerst vereinzelt, dann kollektiv von ihrer einstigen Vorzeigeplattform Baselworld zurückzogen – und den Messekonzern MCH Group damit an den Rand des Konkurses führte.

Glamouröse Vergangenheit in den Nullerjahren

Der Genfer Automobilsalon fand bereits 1905 erstmals statt. Mit der Detroit Motor Show, der Mondial Paris Motor Show und der Internationalen Automobilausstellung (IAA) in Frankfurt gehörte er zu den weltweit führenden Branchenveranstaltungen. Ab dem Jahr 2000 strömten jährlich rund 700'000 Besucherinnen und Besucher nach Genf, die SBB führten Sonderzüge direkt zum Messegelände.

Die Attraktivität der Automessen sank jedoch nicht erst mit der Pandemie. Der Publikumsaufmarsch war schon zuvor so rückläufig wie die gesellschaftliche Akzeptanz des weiterhin meist benzin-angetriebenen Automobils.

In Genf war die GIMS bei der Palexpo, der Betreiberin der Messehallen, eingemietet. Nachdem die Ausgabe 2020 pandemiebedingt kurzfristig abgesagt worden war, blieb ein finanzieller Scherbenhaufen zurück. In einer gerichtlichen Auseinandersetzung stritten sich Palexpo und die Stiftung «Comité permanent du Salon international de l’automobile», die Veranstalterin der Messe, um die angefallenen Kosten.

Die Verpfändung im Juli 2021

Im August vergangenen Jahres gab die GIMS die Lancierung einer neuen «Qatar Geneva International Motor Show» in Doha bekannt. Ganz auf Augenhöhe mit dem Partner Qatar Tourismus, wie signalisiert worden ist, scheinen die Gespräche allerdings nicht gelaufen zu sein. Wie dem Markenregister zu entnehmen ist, hat die Schweizer Stiftung die Bildmarke bereits im Juli 2021 an den National Tourism Council von Katar verpfändet.

Wenig überraschend konzentriert sich die GIMS nun auf Katar: Im November 2023 soll im Golfemirat die «Weltpremiere» der neuen Show stattfinden und dabei «viele einzigartige und spektakuläre Fahrerlebnisse» bieten. Eine Rückkehr nach Genf wird zwar nicht ausgeschlossen, ist allerdings auch nicht wahrscheinlich.