Bitteres Eingeständnis: Der Schweizer Zementkonzern wird vom Geschäft mit Syrien eingeholt. Schutzzahlungen seiner Einheit an den «Islamischen Staat» halfen der Terrororganisation, den Krieg in Syrien zu finanzieren.
Die Einheit des Schweizer Zementkonzerns Holcim, die französische Lafarge, hat eine zuvor bekanntgegebene Untersuchung des amerikanischen Justizministeriums (DOJ) abgeschlossen. Es geht um frühere Tätigkeiten in Syrien während des dortigen Bürgerkriegs. Lafarge muss eine Geldstrafe in Höhe von 777,78 Millionen Dollar zahlen.
Und was den Holcim-Konzern noch mehr schmerzen dürfte: Seine Einheit musste sich einem Fall schuldig bekennen, und zwar der «Verschwörung zur materiellen Unterstützung ausgewiesener ausländischer terroristischer Organisationen». Bei der fraglichen Organisation handelt es sich um den «Islamischen Staat», der für seine Brutalität bekannt ist.
Es geht um Vorfälle in Syrien, die stattfanden vom August 2013 bis zum Oktober 2014, als Lafarge seine Aktivitäten in dem Land einstellen musste. Lafarge hatte damals versucht, seine erst vier Jahre zuvor feierlich eröffnete Fabrik in Syrien am Laufen zu halten, trotz des Bürgerkriegs. Zu diesem Zweck entrichtete Lafarge eigentliche Schutzzahlungen an den «Islamischen Staat». Solche Gelder halfen der Terrororganisation dabei, seinen Krieg in Syrien zu finanzieren.
Schlimm genug. Doch die Verantwortlichen in der französischen Firmenzentrale erkannten zu spät, dass ihnen die Situation in Syrien entglitt – oder sie wollten es schlicht nicht sehen. Mit diesem Verhalten wurden die Lafarge-Angestellten in Syrien gefährdet. Sie mussten schliesslich völlig überhastet flüchten, als der «Islamische Staat» schon auf dem Weg zur Fabrik war, um diese einzunehmen.
Das US-Justizministerium DOJ hat festgestellt, dass nun wirksame Kontrollen und Funktionen für die Einhaltung der Vorschriften und das Risikomanagement vorhanden sind, wie es in einem Statement von Lafarge heisst. Ein ähnliches Verhalten würde nun aufgedeckt und verhindert. Infolgedessen stellte das DOJ fest, dass die Ernennung eines unabhängigen Beobachters nicht notwendig sei.
In einer Erklärung liess Lafarge weiter verlauten, man habe die Verantwortung übernommen für die Handlungen der einzelnen beteiligten Führungskräfte, deren Verhalten in eklatanter Weise verstossen habe gegen den Verhaltenskodex von Lafarge:
«Wir bedauern zutiefst, dass es zu diesem Verhalten gekommen ist und haben mit dem US-Justizministerium zusammengearbeitet, um diese Angelegenheit zu klären.»
Der Holcim-Konzern liess zugleich ebenfalls ein Statement verschicken. Darin strich der Konzern heraus: Das DOJ habe anerkannt, dass Holcim selbst in keiner Weise in die Handlungen in Syrien involviert gewesen sei und nie irgendwelche Geschäftstätigkeiten in Syrien gehabt habe.
Weiter habe das DOJ festgehalten, dass ehemalige Führungskräfte von Lafarge ihr Verhalten verschwiegen hätten. Lafarge habe die Vorkommnisse in Syrien verschwiegen, und zwar vor der Übernahme durch Holcim wie auch danach. Holcim und der französische Konzern Lafarge vollzogen den Zusammenschluss im Jahre 2015.
Nachdem der Syrien-Skandal öffentlich wurde, hat der Schweizer Konzern stets versucht, sich vor den Auswirkungen zu schützen. Immerhin geht es um die Unterstützung einer terroristischen Organisation durch einen Konzern, der von Holcim übernommen wurde. Der mögliche Schaden für die Reputation ist ungleich grösser als der rein finanzielle Schaden durch die Strafzahlung.