Karin Frick, Trendforscherin am Gottlieb-Duttweiler-Institut, sagt, dass voll automatisierte Läden die Zukunft sind.
Karin Frick: Der Taktgeber dafür ist der Online-Handel. Im Internet sind die Shops während 24 Stunden verfügbar. Gleichzeitig werden die Lieferzeiten immer kürzer und die Möglichkeiten, an die Waren zu gelangen, vielfältiger. Das hat die Gewohnheiten der Konsumenten stark verändert.
Die ständige Verfügbarkeit des Warenangebots wird zur Normalität. Wenn ein Laden geschlossen ist, irritiert das mittlerweile schon fast. Die Detailhändler passen sich dieser Erwartungshaltung an. Hinzu kommt die Flexibilisierung der Arbeitszeiten in der Gesellschaft, die sich auf das Einkaufsverhalten auswirkt. Die stationären Detailhändler kommen damit unter Druck, ihre Öffnungszeiten dieser Entwicklung anzupassen.
Der Detailhandel ist kein margenstarkes Geschäft. Sie können deshalb davon ausgehen, dass die Anbieter nur so früh öffnen, weil es auch rentabel ist. Ohnehin glaube ich, dass der 24-Stunden-Shop nicht mehr lange auf sich warten lässt.
Bald dürften voll automatisierte Shops aufkommen, die ohne Personal auskommen, etwa nach dem Vorbild von Amazon Go. Auch Valora plant ein solches Konzept. Damit spielen die Arbeitszeitregelungen keine Rolle mehr, womit die Gesetze über Ladenöffnungszeiten auch nicht mehr zur Anwendung kommen. Ein solcher «Robo-Shop» kann problemlos 24 Stunden pro Tag geöffnet haben.
Mit den heutigen modernen Überwachungsmethoden wäre auch das nicht mehr nötig oder höchstens bedingt. Ein Bancomat ist ja auch während 24 Stunden zugänglich. Bei einem voll automatisierten Laden gäbe es ebenso wenig einen Grund, diesen zu schliessen.
Das wird vom Konsumverhalten und von den jeweiligen Standorten abhängen. An Hochfrequenzorten oder Verkehrsknotenpunkten kann ich mir durchaus eine Ausweitung vorstellen. Ich könnte mir aber auch vorstellen, dass es eine Kombination von bedienten und automatisierten Geschäften geben wird. So könnte ein Laden tagsüber mit Verkaufspersonal bestückt werden, abends und nachts wäre ein reduziertes Angebot mit Selfscanning-Kassen denkbar.
Karin Frick ist Forschungsleiterin am Gottlieb-Duttweiler-Institut. Sie gehört auch der Geschäftsleitung an. Die Trendforscherin analysiert seit Jahren neueste Entwicklungen in Wirtschaft, Gesellschaft und Konsum.
Wir Menschen sind nun mal widersprüchlich. Im Alltag werden diese Angebote genutzt. Wenn man das Thema jedoch aufgrund einer Abstimmung mit mehr Distanz betrachtet, stimmt man vielleicht doch anders ab. Es gibt ja auch viele Menschen, die mitten in der Stadt leben und dennoch ein ausgeprägtes Ruhebedürfnis haben. Wir haben nun mal fast alle solche gegensätzliche Bedürfnisse in uns. Das zeigt sich dann auch bei Abstimmungen über Ladenöffnungszeiten.