Finanzplatz
Bankpersonalverband will die Boni senken

Eine Umfrage des Bankpersonalverbandes zeigt: Rund 40 Prozent der Bankangestellten hat für die Boni-Politik kein Verständnis. Der Personalverband will daher nun dafür sorgen, dass die Boni sinken. Im Gegenzug soll der Fixlohn steigen.

Vasilije Mustur
Drucken
Paradeplatz

Paradeplatz

Keystone

Die Finanz- und Wirtschaftkrise hat den Finanzplatz Schweiz in seinen Grundfesten erschüttert. Dennoch wurden die Lehren aus der Krise in Sachen Boni nicht gezogen. Die Folge: Laut einer Umfrage des Bankpersonalverbandes (SBPV), welcher der az aargauerzeitung exklusiv vorliegt, schiessen die variablen Lohnanteile bereits wieder in die Höhe.

Im Wesentlichen zieht der Bankpersonalverband aus der Umfrage vier Erkenntnisse:

1 Bei 56 Prozent der Befragten Bankmitarbeitern stiegen die Fixlöhne. Zudem erhöhte sich der Medianlohn - also der Mittelwert zwischen dem tiefsten und dem höchsten Gehalt - 2010 im Vergleich zum Vorjahr jährlich von 96000 auf 97000 Franken. Damit sind die fixen Gehälter im Bankensektor lediglich um ein Prozent gestiegen.

2 Der Bankensektor hat dieses Jahr bisher variable Löhne in Höhe von 9000 Franken ausbezahlt. Da Boni jeweils in den Frühlingsmonaten ausbezahlt werden, bezieht sich diese Zahlen auf das Jahr 2009. Somit steigerten sich die variablen Lohnbestandteile um 12 Prozent. Ausserdem erhielten 52 der Teilnehmenden einen höheren Bonus.

Diese Banker wurden befragt

Der Bankpersonalverband (SBPV) hat vom 10. Juni bis am 1. August 2010 insgesamt 1953 Mitarbeiter über ihre Zufriedenheit in Sachen Löhne und Boni befragt. 80 Prozent der Teilnehmenden sind Mitglieder des Verbandes. 38 Prozent arbeiten für Kantonalbanken, 36 für eine der beiden Grossbanken. Dabei handelt es sich um Bankangestellte, welche keine Kaderfunktion inne haben bis hin zum oberen Kader. Verwaltungsräte und CEO wurden nicht befragt.

«Wir bedauern diese Entwicklung sehr», sagt Jean-Pierre Leutwyler, Verbandssekretär des Bankpersonalverbandes zur az aargauerzeitung. Störend sei in erster Linie, dass der Grossteil der Boni laut Umfrage an die höchsten Kadermitglieder gingen. 47 Prozent erhalten jährlich weniger als 2000 Franken Bonus. 75 Prozent der Direktionsmitglieder hingegen erhalten mehr als 10000 Franken.

Mehr Überstunden - mehr Bonus

Darüber hinaus beobachtet Leutwyler mit Besorgnis, dass Mitarbeiter mit mehr Überstunden einen höheren Bonus erhalten. «Damit geraten die Mitarbeiter zunehmend unter Leistungsdruck und werden übermässig beansprucht».

Dies könne die Krankheits-Anfälligkeit markant steigern. Andererseits glaubt Leutwyler nicht, dass Banker durch diese Lohnpolitik wieder vermehrt in dubiose Finanzprodukte investieren würden, um sich einen höheren Bonus zu sichern.

3 Die finanzielle Gleichstellung zwischen Mann und Frau innerhalb der Branche ist nicht gewährleistet. So geht Leutwyler davon aus, dass Männer heute mindestens 10 Prozent mehr verdienen als ihre weiblichen Kolleginnen.

Dies führt der Verband einerseis darauf zurück, dass Männer über eine bessere Aus- und Weiterbildung verfügten und Frauen vermehrt Teilzeit arbeiten. Andererseits schliesst Leutwyler Missbrauch nicht aus.

Die Lohngleichheit zwischen Mann und Frau wird anhand der Boni am Deutlichsten. Während 37 Prozent der Männer mehr als 10000 Franken an variablen Gehältern erhielten, bekamen nur 10 Prozent der befragten Frauen mehr als 10000 Franken an Boni.

Misstrauen gegenüber Bonuspolitik

Dies bestärkt den Verband darin, die Bonipolitik der Finanzbranche zu revolutionieren. «39 Prozent der Befragten sind mit der Boniverteilung unzufrieden. Die Bankangestellten haben ein Gefühl von Unverständnis und Misstrauen gegenüber der Bonuspolitik, welche im Betrieb praktiziert wird.»

4 Die Zufriedenheit der Mitarbeitenden steigt parallel zur erhaltenen Entschädigung. Während bei den Angestellte im tieferen Lohnsegment 46 Prozent unzufrieden mit ihrem Gehalt sind, nimmt die Zufriedenheit in den oberen Einkommensklasen laut Leutwyler markant zu.

Die Branche selbst reagiert auf die Ergebnisse der Umfrage gelassen - allen voran die UBS: «Die UBS bietet allen Mitarbeitern gleiche Beschäftigungs- und Beförderungschancen. Wir fördern eine integrierende Kultur und tolerieren keine Diskriminierungen.» Darüber hinaus legt die UBS Wert darauf, dass sie ihren Mitarbeitern marktkonforme Gesamtvergütungen anbiete.

Die Zürcher Kantonalbank hingegen räumt ein, dass die variablen Entschädigungen stärker gestiegen seien als im vergangenen Jahr. «Diskusionen bezüglich allfälliger Grundsaläranpassungen im kommenden Jahr sind zur Zeit im Gange».

Die Kantonalbank hält aber auch fest, dass laut einer internen Umfrage die Mehrheit ihrer Mitarbeitenden mit den Entschädigungen zufrieden seien.

Frauenmangel in ZKB-Chefetage

Die ZKB räumt indes ein, dass der Durchschnittslohn der ZKB-Mitarbeiterinnen tiefer als derjenige der Männer sei. «Dies hängt vor allem damit zusammen, dass im ZKB Management Frauen untervertreten sind». Und: «Sofern Frauen die gleiche Arbeit erledigen und die gleiche berufliche Erfahrung und Qualifikation vorweisen können, verdienen sie bei der ZKB gleich viel wie ihre männlichen Kollegen».

Im Zuge der Umfrage-Ergebnisse will der Bankpersonalverband bei den aktuellen Lohnverhandlungen vermehrt Einfluss nehmen. Ziel: Die Boni müssen fallen, die Fixlöhne steigen. «Wir sind uns jedoch bewusst, dass es nicht gegeben ist, dass dieser Einfluss auch Früchte trägt,» sagt Leutwyler.

Zudem will der Verband, dass mindestens 85 Prozent der Personen von den Lohnerhöhungen und Boni profitieren und dass die variablen Lohnbestandteile bei den Lohnverhandlungen nicht mehr ausgeschlossen werden. Damit will der Bankpersonalverband die Transparenz der Entlöhnung herstellen.