1979 widmet sich die SRF-Sendung «Blickpunkt» dem Pflegepersonalmangel im Kanton Aargau. Damals wie heute klagen die Pflegerinnen über Überstunden und zu wenig Personal. Ein Blick in die Vergangenheit.
Die Coronapandemie hat den Pflegenotstand in der Schweiz der Bevölkerung und der Politik schonungslos vor Augen geführt: zu wenig Pflegepersonal, zu viel Stress, zu viele Überstunden. Das soll sich nach der angenommenen Pflege-Initiative ändern. Doch schon vor 43 Jahren klagte die Pflege über dieselbe Überlastung, wie eine Archivsendung vom SRF aus dem Jahr 1979 zeigt (Video oben).
In dieser Sendung begleiten wir Susi, Stationsschwester auf der chirurgischen Station im Kantonsspital Aarau bei ihrer Routinetour zu ihren Patientinnen und Patienten. Drei Mal am Tag müsse sie die Runde machen, um Mahlzeiten und Medikamente zu verteilen. Im Beitrag heisst es, dass die Schwestern derart überlastet sind, dass sie allein schon diese Arbeit nur mit Überstunden leisten können. Und das schon seit Jahren. Dazu sagt Schwester Susi im Beitrag:
«Wir haben praktisch keine Zeit, auf den Patienten einzugehen.»
Und das mache sie am Ende des Tages, nach mehreren Überstunden, unzufrieden. Diese Unzufriedenheit spüre sie auch bei ihren Mitarbeiterinnen. «Ich kann verstehen, dass sie längere Urlaubsgesuche einreichen», so die Pflegerin. Erst kürzlich habe eine Mitarbeiterin sogar gekündigt.
Kündigungen seien keine Ausnahme, heisst es in der Sendung. Mit jedem Abgang aber nehme auch die Überforderung der anderen Schwestern zu. Das wiederum wirke sich auf die Patienten aus. Auf persönliche Anliegen einzugehen, sei nicht mehr möglich. Dabei werde dies immer wichtiger, da die Zahl der älteren Patienten zunehme. Wo liegt denn die Ursache dieser Situation? Die Leiterin des Pflegedienstes des Aarauer Kantonsspitals gibt Auskunft.
«Die Ursache liegt ganz sicher in der stürmischen Entwicklung der Medizin in den letzten Jahren.»
Sie habe zu einem Mehrbedarf an Pflegepersonal geführt, das man zunächst falsch eingeschätzt habe. Auch bei der Anschaffung moderner Apparate sei man grosszügig gewesen. Inzwischen werde wieder gespart, das aber häufig auf Kosten des Pflegepersonals. «So ist es heute schon schwierig, Nachwuchs zu finden», heisst es im Beitrag weiter.
«Für mich gibt es nur zwei Alternativen», sagt die Pflegeleiterin gegenüber dem SRF damals: entweder ein Abbau der medizinischen Leistungen oder mehr Personal. Ein Abbau könne ganze Abteilungen oder die Routinepflege betreffen, so die Leiterin. «Wir dürfen dem Personal nicht noch mehr zumuten.»
Im Beitrag darf auch der mittlerweile verstorbene alt Regierungsrat und damals Gesundheitsdirektor Hans Jörg Huber Stellung nehmen. Im Interview stellt er 190 zusätzliche Arbeitsplätze im Spital in Aussicht. «Der Regierungsrat ist der Meinung, in Weiterführung einer Politik über Jahre hinweg, zusätzliche Stellen an den Spitälern zu bewilligen.»
Es würden aber gleichzeitig neue Abteilungen geschaffen, hakt eine Journalistin des SRF nach. Werde das Personal überhaupt entlastet? «Ganz sicher», so Huber. Für die neuen Abteilungen würden zusätzliche Stellen bewilligt. (gue)