Wirtschaft will höhere Drittstaat-Kontingente

Simonetta Sommaruga ist nicht erfreut, der Bundesrat entscheidet bald

Othmar von Matt
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Simonetta Sommaruga nimmt Engpässe bei Drittstaatenkontingenten in Kauf.

Simonetta Sommaruga nimmt Engpässe bei Drittstaatenkontingenten in Kauf.

Keystone

Die Parteienvertreter nahmen es an den Von-Wattenwyl-Gesprächen vom Freitag mit Stirnrunzeln zur Kenntnis: Die Wirtschaft will höhere Kontingente für Arbeitskräfte aus Nicht-EU/Efta-Staaten – den Drittstaaten. Das ergab eine kleine Anhörung des Bundesamts für Migration (BFM) von Wirtschaftsvertretern für die Teilrevision der Verordnung über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit (VZAE). Wahrscheinlich noch im November will der Bundesrat über Höchstzahlen für 2015 entscheiden.
Bundesrätin Simonetta Sommaruga liess durchblicken, dass sie nicht erfreut ist über die Anliegen der Wirtschaft. Neben Sommaruga waren auch Didier Burkhalter, Johann Schneider-Ammann und Alain Berset anwesend. Die Präsenz der Bundesräte beweist, wie brisant Zuwanderungs-Fragen sind.
Gewisse Wirtschaftsvertreter hätten um dieselben Kontingente ersucht wie 2014, andere um höhere, sagte Sommaruga gemäss mehreren Quellen. Kein einziger Vertreter sei aber zu tieferen Kontingenten bereit gewesen, trotz angespannter innenpolitischer Situation.
Seit 2011 beliess der Bundesrat die Höchstzahlen von Arbeitskräften aus Drittstaaten bei total 8500 Personen: Schweizer Unternehmen konnten 3500 Spezialisten mit Aufenthaltsbewilligungen B rekrutieren und 5000 Spezialisten mit Kurzaufenthaltsbewilligungen L.
Dass Sommaruga die Wünsche der Wirtschaft mit Skepsis verfolgt, hatte sie Mitte Oktober im «Tages-Anzeiger» verdeutlicht. «Niemand ist gezwungen, eine Person im Ausland zu rekrutieren», sagte sie. «Statt auf neue Gesetze zu warten, können die Arbeitgeber heute damit beginnen, das inländische Potenzial besser zu fördern und zu nutzen.» 2011 hatte sie gesagt: «Der Bundesrat erwartet von der Wirtschaft, dass sie ihre Mitarbeitenden weiterhin prioritär im Inland und in der EU/Efta rekrutieren.»
Auch bei den Parteienvertretern habe «Unverständnis» darüber geherrscht, «dass die Wirtschaft diese Signale nicht wahrnimmt»: «Gewisse Vertreter zeigten sich gar empört.» Das drückt sich in zwei Sätzen aus, auf denen die Parteien bei der Medienmitteilung bestanden. «Die Wirtschaft steht nach Auffassung der Parteien in der Pflicht, das inländische Potenzial an Arbeitskräften künftig besser zu nutzen», heisst es darin. Und: «Hierzu sind zusätzliche Massnahmen erforderlich.»
In der Pflicht steht vor allem Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann. Er habe von einer Arbeitsagentur der Wirtschaft gesprochen, die analog zur Energieagentur aufgebaut werden könnte, sagen Teilnehmer. Energieagenturen bieten Dienstleistungen im Bereich der Energiewirtschaft an. Sie sind meist öffentliche oder halb-öffentliche Unternehmen, die im Auftrag eines Departements oder einer Behörde handeln.
Gleichzeitig habe Schneider-Ammann auch thematisiert, die regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) könnten ausgebaut werden. Allen Parteien war klar: Es braucht Massnahmen, um ältere Arbeitnehmer qualifiziert zu halten, Frauen besser zu integrieren und Teilzeit zu fördern. Das alles kostet Geld.
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