Viel Geld, aber dafür kaum Talente

Als 14. Nation gewann die Schweiz vor einem Jahr in Lille den Davis-Cup. Es war die Krönung einer ausserordentlich erfolgreichen Ära des Schweizer Männer-Tennis. Die Zukunft ist jedoch wenig verheissungsvoll.

Michael Wehrle
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Löst sich die Euphorie schon bald in Luft auf? Roger Federer und Stanislas Wawrinka während der Feierlichkeiten nach dem Davis-Cup-Triumph im vergangenen November. Foto: Keystone

Löst sich die Euphorie schon bald in Luft auf? Roger Federer und Stanislas Wawrinka während der Feierlichkeiten nach dem Davis-Cup-Triumph im vergangenen November. Foto: Keystone

Schweiz am Wochenende

Mit ihrem Triumph gegen Frankreich krönten Roger Federer und Stan Wawrinka eine Ära im Schweizer Tennis voller Höhepunkte. Noch halten die beiden Stars, die Weltnummern zwei und vier, die Fahne hoch. Doch mit 34 und 30 Jahren haben sie den grössten Teil ihrer Karriere hinter sich. Dem Schweizer Männertennis droht in wenigen Jahren der Absturz in die Bedeutungslosigkeit. Die Lücke hinter Federer und Wawrinka ist riesig, es fehlt eine ganze Generation. Bei Swiss Tennis bleibt im Moment nur die Hoffnung, dass einige Talente den Sprung auf die Profitour schaffen. Doch Erfolge im Juniorenalter garantieren noch keine Siege auf der grossen Bühne.
«Wir gehen davon aus, dass Junioren, die bei uns im A-Kader stehen, die Möglichkeit haben, mit dem Tennis ihren Lebensunterhalt zu verdienen», sagt Alessandro Greco, Leiter Spitzensport beim Verband. Für ihn bedeutet das: ein Spieler kann die vier Grand-Slam-Turniere bestreiten. Damit kassiert er sicher ein Preisgeld von rund 120 000 Franken, ein Grundstock, auf dem sich aufbauen lässt. Um sicher bei einem Grand-Slam-Turnier im Hauptfeld unterzukommen, braucht es einen Platz um Position 100 auf der Weltrangliste. Doch auch schon eine Rangierung unter den Top 200 ist für Greco akzeptabel. Das heisst ein Profi kann sich in den Qualifikationen für die Grand-Slam-Turniere bewähren, sich auf dieser Bühne weiter entwickeln.
Rund 70 Talente in beiden Geschlechtern geniessen momentan die Unterstützung von Swiss Tennis. 15 wohnen und trainieren zentral im Leistungszentrum in Biel, die anderen kommen punktuell nach Biel, trainieren sonst in ihrer Heimat, bei einer der elf Partnerakademien. «Wir wollen à la Carte liefern, was ein Talent braucht», sagt Greco. Geld, Training zu Hause mit Besuchen in Biel oder das volle Programm in Biel.
«Dabei ist Geld im Moment nicht das Problem», betont Greco. «Unser Problem ist die Qualität der Spieler, es kommen zu wenig gute Spieler aus der Region», betont Greco. Sobald ein Talent auftauche, sei genügend Geld vorhanden, um es entsprechend zu fördern.
«Der Triumph im Davis-Cup hat in der Schweiz keinen Hype ausgelöst», weiss Greco. Aber das Schweizer Tennis habe dadurch mehr Aufmerksamkeit erfahren, nicht alles sei mehr auf den Namen Federer fixiert gewesen. Dass die Vermarktung der Trophäe noch 200 000 Franken in die Stiftung Nachwuchsförderung spielte, sei ein angenehmer Nebeneffekt. «Natürlich nehmen wir das Geld gerne, aber verteilt auf 70 Talente bleibt letztlich nicht gerade eine riesige Summer für jeden übrig», sagt Greco.
14, 15 Jahre alt sind die Talente, wenn sie bei Swiss Tennis unterkommen. «Dann bleiben sie unter unseren Fittichen, bis sie idealerweise auf zwischen Platz 200 und 300 auf der Welt klassiert sind. Von diesem Zeitpunkt an, versuchen wir, sie zu eigenständigen Unternehmern zu erziehen», sagt Greco. Paradebeispiel dafür sei jetzt Jil Teichmann. Die 18-Jährige ist die Nummer 424 der Welt.
Bei den jungen Männern sieht Greco drei Talente, die «das gewisse etwas mitbringen», das es brauche, um einst bei den Profis erfolgreich zu sein: Marko Osmakcic, Johan Nikles und Raphael Baltensberger. Doch eine Garantie gebe es bei noch so grossen Talenten nicht.
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