Die Hochschulen Zürich und Basel sind beunruhigt über die Einnahme von Amphetaminen.
Zurzeit sind die Studenten im Dauerstress. Mit den Abschlussprüfungen steigt auch der Leistungsdruck. Um diesem standzuhalten, bedienen sie sich häufig dem sogenannten Hirndoping Ritalin. So auch der 28-jährige Manuel Imboden*, der an der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften in Winterthur studiert und Ritalin ausschliesslich während der vierwöchigen Vorbereitungsphase konsumiert: «Ich kann mich dadurch massiv besser konzentrieren und bin motivierter», begründet er. Der allgemeine Absatz von Psycho-Stimulanza stieg in den vergangenen zwei Jahren um etwa einen Viertel auf rund 310 000 Packungen im Jahr 2911, Tendenz steigend.
Erstmals führt nun das Institut für Sucht- und Gesundheitsforschung der Universität Zürich mit der Universität Basel eine Befragung zum Ritalin-Konsum von Studierenden durch. Anfang September sollen die Antworten von etwa 1500 Studierenden unter anderem der Medizin, Pharmakologie und Psychologie ausgewertet werden.
Dies bestätigt Michael Schaub, Forschungsleiter am Institut, gegenüber dem «Sonntag»: «Wir vermuten, dass Studenten der Medizin, Pharmakologie und Psychologie öfters Ritalin konsumieren.»
Der Grund: Diese hätten einen erleichterten Zugang zu Medikamenten und seien zudem experimentierfreudiger als ihre Kollegen anderer Fachrichtungen, schätzt Schaub. «Jetzt wollen wir herausfinden, ob und wie viel gesunde Studenten tatsächlich Amphetamine einnehmen und welche Fachrichtungen besonders häufig dazu greifen.» In der Schweiz wisse man schlichtweg zu wenig über die Verbreitung von Ritalin, dessen Wirkung und gesundheitlichen Folgen, sagt Schaub weiter.
Hinweise für den Konsum gibt es bereits. Gert Printzen, Leiter des Instituts für Klinische Chemie und Immunologie am Luzerner Kantonsspital, beobachtet, dass Amphetamine bei Studenten grossen Anklang finden: «Um dem Leistungsdruck standzuhalten, werde ich in meinem privaten Umfeld regelmässig nach Verschreibungen für Ritalin gefragt», erklärt er. Generell stellt Gertz eine Zunahme von Stimulanzien, Antidementiva und Antidepressiva fest. «Im Speziellen sogenannte Aufputscher», präzisiert er. Für ihn liegt die Ursache in der gesellschaftlichen Entwicklung: «Schon im Grundschulalter geht es darum, einen vorgegebenen Leistungslevel zu erreichen. Bereits jetzt fällt die Entscheidung über das spätere Bildungsniveau und damit über das berufliche Fortkommen.»
Für Student Manuel Imboden sei ein weiterer Vorteil von Ritalin, dass er aufnahmefähiger sei und länger lernen könne. Forschungsleiter Michael Schaub zweifelt am vermeintlichen Effekt: «Ritalin macht höchstens wach, die Leistung wird dadurch aber nicht gesteigert.» Ritalin fällt in der Schweiz unter das Betäubungsmittelgesetz. Experten schliessen eine Abhängigkeit bei häufigem Konsum nicht aus. Mit Ritalin aufhören will Student Imboden trotzdem nicht, sagt er.
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