Junge italienische Forscher zieht es vermehrt in die Schweiz – das weckt auch Bedenken.
Die Trendwende unter deutschen Wissenschaftern verändert die Schweizer Universitäten. Die grösste Ausländergruppe an unseren Hochschulen zieht es vermehrt zurück in ihre Heimat. Die freien Plätze gehen nun an andere Nationen. So nimmt die Zahl der Italiener stetig zu – und das nicht nur in der italienischsprechenden Schweiz.
An der Universität Zürich stieg die Anzahl italienischer Assistenten und wissenschaftlicher Mitarbeiter in zwei Jahren von 159 auf 209 Personen. Der gleiche Trend zeigt sich unter den Dozenten (von 28 auf 37) und den Professoren (11 auf 13). Das betrifft nicht nur die Uni Zürich. In der ganzen Schweiz holen die Italiener auf, egal ob in Basel, Genf oder Lugano.
Das liegt in erster Linie an den anhalten wirtschaftlichen Schwierigkeiten in Südeuropa. Besonders junge Talente suchen ihr Glück im Ausland. Deshalb tritt diese Entwicklung bei den Assistenten und den Dozierenden am deutlichsten hervor.
Neue Zahlen für 2013 liegen dem Bundesamt für Statistik noch nicht vor, doch der Trend sei ungebrochen, sagt Antonio Loprieno, Präsident der Schweizer Rektorenkonferenz (Crus) und Rektor der Uni Basel. «Wir profitieren von Talenten aus Südeuropa», sagt er. Loprieno hat aber auch Bedenken: «Es schadet den Ländern, wenn ihre vielversprechendsten Talente gehen.» Das gelte besonders während der Wirtschaftskrise. «Wir müssen ein Gleichgewicht finden.»
Der Zustrom widerspiegelt sich auch unter den Kandidaten für eine freie Stelle. «Italiener, aber auch Spanier gehören vermehrt zu den Bewerbern», sagt Loprieno. Das gelte vor allem in den Naturwissenschaften. In den Geisteswissenschaften schränken die Deutschkenntnisse die Zahl der Interessenten ein.
Auch deshalb bleiben die Deutschen weiterhin die mit Abstand grösste Ausländergruppe. Doch es ist kein Zufall, dass nun viele von ihnen in ihre Heimat zurückkehren. Deutsche Professoren erhalten mittlerweile finanzielle Anreize, die Schweiz zu verlassen. So bietet beispielsweise die German Scholars Organization 100 000 Euro Prämie, wenn in der Schweiz lehrende Professoren zurückkehren, berichtete die «NZZ am Sonntag».
Die Uni Bern verzeichnet 2013 erstmals seit 10 Jahren einen Rückgang unter den Deutschen. Betroffen sind alle Stufen: von den Professoren über die Dozenten bis hin zu den Assistenten. So verwundert es nicht, dass deren Rückkehr kürzlich am Treffen der der Uni-Rektoren aus Deutschland, Österreich und der Schweiz ein Thema war. «Die Wahrnehmung hat sich in nur wenigen Monaten komplett gedreht», sagt Loprieno. Weg vom Zustrom in die Schweiz, hin zum Weggang.
Deshalb rechnet der Crus-Präsident auch damit, dass sich die Herkunft der jungen Forscher an den Schweizer Universitäten verändert – weniger Deutsche, dafür mehr Südeuropäer.
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