Glänzende Latex-Strings, elegante Höschen, ver-führerische Büstenhalter: Für das Bundesamt für Kultur ist das Kunst. Politiker sind erregt.
VON NADJA PASTEGA
Das Bundesamt für Kultur (BAK) hat den Auftrag, das kreative Schaffen im Land zu fördern – und wird selber kreativ, wenn es darum geht diese Aufgabe zu interpretieren. Jetzt sickert nämlich durch: Das BAK gibt Steuergelder für Unterwäsche aus.
Beflügelt von den zarten Dessous subventionierten die Staatsdiener private Unterwäschehersteller mit insgesamt 70 000 Franken. BHs, Slips und Strings gehörten «in den Bereich Design», sagt Patrizia Crivelli vom BAK. Daher könnten Kulturgelder durchaus auch in die Unterwäsche fliessen. Bisher kamen zwei Schweizer Dessous-Designer in den Genuss von Subventionen:
● Die Bernerin Sandra Lemp erhielt vom BAK 50 000 Franken. Damit lancierte sie ihre Unterwäsche-Kollektion «Le boudoir». Im Herbst kommen die neuen Modelle in die Läden. Man habe Lemp helfen wollen, ihre «exklusive Kollektion seriell zu produzieren», sagt Crivelli.
● Auch die Hardcore-Variante aus Latex im Stil von Beate Uhse versetzt die staatlichen Kulturförderer beim BAK in Spendierlaune. Die Gummi-Strings von Daniel Herman räumten 2002 den Eidgenössischen Förderpreis für Design ab. Der Designer bekam 20 000 Franken. Grund: «Herman hat mit einem Laserverfahren für diese Kollektion scherenschnitthafte Cut-Outs gemacht», so Crivelli. Das sei «eine Innovation».
Mit Steuergeldern bezahlte Höschen – das sorgt bei Politikern für Empörung. «Ich bin irritiert und befremdet», sagt Peter Malama, Basler FDP-Nationalrat und während sechs Jahren Direktor beim Dessous-Hersteller Hanro: «Der Kulturauftrag hat mit der Finanzierung von Unterwäsche nichts zu tun.» Für Start-up-Förderung gebe es genug andere Anlaufstellen. «Es stellt sich die Frage, ob man im Bundesamt für Kultur die Prioritäten noch richtig erkennt.»
Das fragt sich auch der Luzerner Nationalrat Otto Ineichen, Mitglied der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur (WBK). Das Dessous-Engagement des BAK sei «völlig daneben». Ineichen: «Im Bundesamt für Kultur frönt offenbar jeder seinem Steckenpferd.» Jetzt will der Vizepräsident der WBK, der SVP-Nationalrat Lieni Füglistaller, aktiv werden.
Es brauche ein unabhängiges Kontrollorgan, dass die Finanzpolitik des BAK überprüfe. Ende Jahr rückt Füglistaller in der Kommission als Präsident nach – dann will er ein solches Kontrollgremium durchsetzen. «Es kann nicht sein, dass man Unterwäsche finanziert und gleichzeitig kein Geld für die eigentliche Kulturförderung hat», sagt Füglistaller.
Den Staatsdienern vom BAK haben es nicht nur Dessous angetan. Auch Schuhe gehören zum förderungswürdigen Kulturgut. Die Baslerin Anita Moser bekam 2008 für ihre Schuhkollektion 20 000 Franken vom BAK. Nun steht ihre Herbst- und Winterkollektion vor der Tür – im Angebot: Eine «Herrenbottine aus vegetabil gegerbtem Rindsleder.»
Foto: MZ