SBB-Tickets sind in Frankreich günstiger

Die Bundesbahnen sind verärgert über die Billett-Angebote der französischen Staatsbahn

Stefan Ehrbar
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Beispiel Chur–Basel retour: Wer bei der SNCF kauft, spart 12 Franken.

Beispiel Chur–Basel retour: Wer bei der SNCF kauft, spart 12 Franken.

Schweiz am Wochenende

In weniger als einem Monat wird der nächste Preisaufschlag im Schweizer Bahnsystem fällig. Für Linderung sorgen nun die französischen Staatsbahnen (SNCF). Sie verkaufen in ihrem Online-Shop nicht nur internationale Tickets, sondern auch Billette für innerschweizerische Verbindungen – und zwar zu unschlagbaren Preisen. Die Reise von Zürich nach Genf kostet bei Bestellung in Frankreich bei kostenloser Ticketlieferung 77, bei den SBB 84 Franken. Das sind rund acht Prozent mehr.
Die SBB ärgern sich über die Dumpingpreise der Franzosen. Der Grund für die billigen Tickets sei, dass die SNCF die Billette verkaufe, ohne die schweizerische Mehrwertsteuer zu berechnen, sagt Sprecher Christian Ginsig. Die SBB halte dies für nicht zulässig. «Aus unserer Sicht hält die SNCF die tarifarischen Vorgaben nicht ein.» Das Verkaufen von Schweizer Verbindungen ohne Mehrwertsteuer sei nur für den grenzüberschreitenden Verkehr zulässig. Das sei so auch in den Verträgen und Tarifen festgehalten. «Die SNCF muss erklären, weshalb sie über ihren Ticketshop solche Tickets anbietet», sagt Ginsig.
Eine Sprecherin der SNCF sagt, die Zusammenarbeit mit den SBB sei sehr gut. Die unterschiedlichen Preise seien Währungseffekten geschuldet.
Der Ticketstreit illustriert die Schwierigkeiten, die sich bei internationalen Reisen mit der Bahn nach wie vor stellen. Während Fluggesellschaften ein einfaches Buchungssystem aufweisen können, sind die Plattformen der Bahnen europaweit nur beschränkt kompatibel. Buslinien sind gar nicht in die Systeme eingepflegt – womit beispielsweise Reisen in die bei Schweizern beliebten Ferienorte Lloret del Mar in Spanien oder Lido di Jesolo in Italien am Bahnschalter nicht erhältlich sind.
In einer Antwort auf eine Interpellation der Nationalräte Stefan Müller-Altermatt (CVP) und Aline Trede (Grüne) ortete der Bundesrat vor kurzem Handlungsbedarf. Sie sei sich bewusst, dass Reisende bisweilen über «nicht buchbare oder nicht mit schweizerischen Fahrausweisen kombinierbare Spar-Angebote der ausländischen Bahnen klagen», schrieb die Landesregierung. Die SBB unterhalte eine gute Zusammenarbeit mit verschiedenen Staatsbahnen. Es könne aber vorkommen, dass die SBB keinen direkten Zugang zu den Reservierungssystemen habe, wenn diese internationale Standards nicht berücksichtigten. Beispiel dafür seien die TGV-Verbindungen zwischen Frankreich und Spanien.
Interpellant Stefan Müller-Altermatt ärgert sich über die Inkompatibilitäten. «Nicht wegen der Zeit und nicht wegen des Preises, sondern wegen der Umständlichkeit verkommt die umweltfreundlichste Art der Fernreise zur Nische», heisst es in seiner Interpellation. «Es scheint der Wille zu fehlen, wirklich den Kampf im Wettbewerb um die Reisenden aufzunehmen», sagt er. Die fehlende Einbettung der Buslinien – die laut SBB auch in Zukunft nicht vorgesehen ist – stehe exemplarisch dafür. «Die SBB müssten sich an der wahren Konkurrenz orientieren», sagt Müller-Altermatt, und diese heisse Billigflieger und Auto. «Für Flugreisen gibt es Plattformen, die den günstigsten Preis anzeigen, man bucht und fertig.» Bei der Bahn müssten Sonderangebote und Zeitpunkte mühsam erfragt werden.
Der öffentliche Verkehr am Boden sei zwar komplexer als die Punkt-zu-Punkt-Verbindungen der Billigflieger. «Aber genau das wäre eigentlich der Vorteil», sagt Müller-Altermatt. Mit dem öffentlichen Verkehr kämen die Reisenden von Tür zu Tür. «Die letzte Meile könnte also auch enthalten sein», sagt er. «Diesen Vorteil schmeisst man meiner Meinung nach leichtfertig weg.»
Einen Schritt Richtung Harmonisierung skizziert der Bundesrat in seiner Interpellations-Antwort. So könnten internationale Fahrausweise «in absehbarer Zeit» auch mobil gekauft werden. Zudem hätten die SBB und ihre Partnerbahnen die Sparpreiskontingente stark erhöht. Und in Zukunft soll auch langfristiger geplant werden können. Gemeinsam mit ausländischen Partnerbahnen arbeiteten die SBB daran, Buchungen früher als die heute üblichen drei Monate im Voraus möglich zu machen.
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