Rochade im ETH-Studio Basel

Am ETH Studio Basel, das urbane Räume erforscht, stehen Veränderungen an: Drei von vier Professoren erreichen 2015 das Pensionsalter. Zugleich baut die Universität Basel das Angebot im parallelen Bereich aus.

Miriam Glass
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Erreichen das Pensionsalter: Jacques Herzog, Pierre de Meuron und Roger Diener (von links). Fotos: Nicole Nars-Zimmer/Keystone

Erreichen das Pensionsalter: Jacques Herzog, Pierre de Meuron und Roger Diener (von links). Fotos: Nicole Nars-Zimmer/Keystone

Schweiz am Wochenende

V ier renommierte Architekten haben 1999 das ETH-Studio Basel mitbegründet, und sie leiten und prägen es bis heute: Jacques Herzog, Pierre de Meuron, Roger Diener und Marcel Meili. Doch sie sind in die Jahre gekommen: Mit Herzog, de Meuron und Diener werden gleich drei von ihnen im kommenden Jahr 65 und damit nach ETH-Statut pensionsreif. Grund genug für Spekulationen in der Architekturszene, die ETH werde ihren Basler Ableger auflösen.
Das ist jedoch nicht der Fall, zumindest lassen darauf die Auskünfte von Roger Diener sowie Jacques Herzog und Pierre de Meuron schliessen.
Roger Diener wird zwar im Sommer 2015 seine Professur aufgeben, wie er auf Anfrage schreibt. Die Professorenstelle solle jedoch weitergeführt werden. Ausschreibungsverfahren zur Berufung neuer Professoren seien im Gang, so Diener. «Zum Programm des Studios Basel über das akademische Jahr 2015/16 hinaus weiss ich zurzeit nur, dass es weitergeführt wird. Die Forschungs- und Lehrinhalte werden wie immer von den verantwortlichen Professoren erarbeitet werden.»
Jacques Herzog und Pierre de Meuron dürften allerdings auch über ihre Pensionierung hinaus zu den prägenden Figuren des ETH-Studios gehören. Über ihren Sprecher lassen sie ausrichten: «Bezüglich unseres weiteren Engagements am ETH-Studio Basel arbeiten wir an einer interessanten Lösung.» Zu einer weiteren Tätigkeit als ETH-Professoren könnte ihnen allerdings die «Lex Wüthrich» verhelfen, einer Regelung aus dem Jahr 2002. Der Schweizer ETH-Professor Kurt Wüthrich gewann damals einen Nobelpreis. Laut Reglement hätte ihn die ETH in Pension schicken müssen, doch das eidgenössische Parlament beschloss, die ETH solle künftig in Ausnahmefällen Professoren über die Altersgrenze hinaus beschäftigen dürfen. In welchen Fällen Ausnahmen gemacht werden, wurde nicht näher bestimmt. Für Herzog und de Meuron liegt die Lösung auf der Hand: Die ETH müsste den Pritzker-Preis als faktischen Nobelpreis für Architekten anerkennen und schon wäre die Weiterbeschäftigung der Basler Architekten legitimiert.
Bei der ETH Zürich, zu deren Departement Architektur das ETH-Studio Basel gehört, gibt man sich bedeckt, was dessen Zukunft anbelangt. «Zurzeit laufen abschliessende Planungs- und vor allem Entscheidungsprozesse, zu deren Gegenstand auch das ETH-Studio Basel gehört», sagt Željko Medved, Koordinator des Architekturdepartements. Fragen ohne Vorgriffe auf die bevorstehenden Entscheidungen zu beantworten, sei momentan unmöglich. Ab dem 15. Dezember stellt er weitere Informationen in Aussicht.
Fest mit dem Weiterbestehen des ETH-Studios Basel rechnet Antonio Loprieno, Rektor der Universität Basel. Er geht von einer verstärkten Kooperation des ETH-Studios und der Universität aus. Denn wie die Uni Basel im Juni bekannt gab, wird ab Herbst 2016 ein neuer Masterstudiengang namens «Urban and Landscape Studies» starten.
Berufungen für drei Professorenstellen sind im Gang, vorige Woche waren die ersten Kandidaten zu Gesprächen an die Universität Basel eingeladen. Erforscht werden in Zusammenarbeit mit der Universität Kapstadt «aktuelle Fragen der gesellschaftlichen, städtebaulichen und territorialen Entwicklung auf globaler Ebene.» Es wird dabei zumindest teilweise um ähnliche Themen gehen, wie sie auch das ETH-Studio behandelt. Dieses bezeichnet sich als «Institut Stadt der Gegenwart» und untersucht den «zeitgenössischen urbanen Raum».
Im Bereich Städtebau forscht auch das «Laboratoire Bâle», kurz Laba. Das vom Architekten Harry Gugger geleitete Labor im Ackermannshof ist ein Ableger der ETH Lausanne (EPFL).
Mit dem Laba und dem ETH Studio habe man in Basel «zwei Juwelen», was städtebauliche Forschung anbelange, sagt Loprieno. Klar ist für ihn, dass die Universität Basel bei den «Urban and Landscape Studies» die Führung übernimmt. Die Basler ETH-Institute hätten sich im Fall einer Kooperation also den Plänen der Uni anzupassen. Die Uni braucht sie jedoch, um den Bereich Architektur abzudecken. Zumindest vorläufig. In einem Protokoll der Rektoratskonferenz heisst es zu den «Urban Studies»: «Noch völlig offen und von den Stakeholdern unterschiedlich beurteilt wird eine spätere Erweiterung dieses Angebots auf die Architektur.»
Antonio Loprieno geht von einer Verzahnung der Universität, des ETH-Studios und des Laba aus. Zwar betont er, die Gespräche stünden erst am Anfang. Doch alle wichtigen Personen hat er schon um seinen Tisch versammelt: In der Findungskommission für die Professoren der «Urban and Landscape Studies» sitzen auch die Architekten Harry Gugger, Jacques Herzog und Pierre de Meuron.
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