Zweifelhafter Rekord: Bis zu 14 Stunden täglich staut sich der Verkehr an den Hotspots der Autobahnen. Pro Jahr gibts teilweise 20 Minuten mehr Stau.
Hier sehen Zürichs Strassen aus wie Highways in den USA. Zwischen Kehrichtverbrennungsanlage und Einkaufszentrum Glatt rauscht die Autobahn in Wallisellen auf mehreren Spuren Richtung Limmatstadt, Winterthur und Nordumfahrung. Durchschnittlich hundert Autos sind es, die hier jede Minute vorbeifahren. Insgesamt 142 242 Autos täglich registrierte die Zählstelle des Bundesamts für Strassen (Astra) an dieser Stelle im Jahr 2013 – so viele wie noch nie. Das zeigt eine Auswertung kürzlich publizierter Zahlen.
Was die Wachstumsrate anbelangt, ist der Abschnitt im zürcherischen Vorort allerdings kein Rekordhalter. Während das Verkehrsaufkommen auf den Nationalstrassen zwischen 2012 und 2013 um 1,7 Prozent stieg, war es in Wallisellen nur knapp 1 Prozent. Auch im Fünf-Jahres-Vergleich zeigt sich ein ähnliches Bild. Etwa um 2 Prozent legte die Zählstelle Wallisellen seit 2008 zu. Kein Vergleich zum Gubristtunnel, den heute 13 Prozent mehr Autos durchfahren als noch 2008. Auch die Zählstellen Preverenges VD, Renens VD und Emmenbrücke LU verzeichnen im Fünf-Jahres-Vergleich zweistellige Wachstumsraten. Der Anstieg im Raum Luzern sei auf den Abschluss der Arbeiten am Cityring Luzern sowie eine veränderte Strassensituation im Raum Luzern Nord mit dem neuen Anschluss Rothenburg zurückzuführen, sagt Astra-Sprecher Thomas Rohrbach.
Deutlich weniger Verkehr als noch vor fünf Jahren fliesst heute hingegen durch die Stadt Zürich. Der Grund dafür ist die 2009 eröffnete A-4-Westumfahrung mit dem Üetlibergtunnel. Ihn durchquerten letztes Jahr 64 000 Autos täglich. In der Stadt Zürich verringerte sich der Verkehr auf der ehemaligen Durchgangsachse dadurch um rund 50 Prozent, wie es in einer Studie des Bundesamts für Raumentwicklung (ARE) heisst. Knapp 50 000 Autos passierten im Jahr 2005 die innerstädtische Zählstelle, fünf Jahre später waren es noch 23 000.
Die jüngsten verfügbaren Zahlen zeigen: Das Wachstum auf den Autobahnen dürfte 2014 weitergehen. Gegenüber dem Januar 2013 verzeichnete etwa die Zählstelle in Wallisellen im ersten Monat dieses Jahres ein Plus von 3,8 Prozent. In Muttenz BL stieg die Verkehrsmenge in derselben Periode um 4,1 Prozent, in Neuenhof AG um 1,7 Prozent. Dabei wird nicht nur auf Autobahnen mehr gefahren. Neue Zahlen des Astra belegen, dass allein zwischen 2011 und 2012 die Anzahl Fahrzeugkilometer auf Schweizer Strassen um 2,4 Prozent auf 60,8 Milliarden gestiegen ist.
Mit steigender Verkehrsmenge verlangsamt sich der Verkehrsfluss. Auf der Zürcher Nordumfahrung gab es letztes Jahr nur an 20 Tagen keinen Stau. Die Zahl der Staustunden am Gubrist stieg um über 6 Prozent, der Verkehr stockt hier wegen Überlastung pro Tag 13 Stunden. Werden weitere Stauursachen einbezogen, sind es über 14 Stunden oder sieben Stunden pro Richtung täglich – insgesamt über 5000 Stunden im Jahr. Innerhalb eines Jahres hat sich damit die tägliche Staudauer pro Richtung um etwa 20 Minuten erhöht.
Mit 9000 Staustunden findet fast die Hälfte aller Autobahn-Staus auf der A 1 statt. Zum Vergleich: Am Gotthard-Nordportal wurden 2013 nur 800 Staustunden verzeichnet, verteilt auf 149 Tage. Dafür brauchten Autofahrer letztes Jahr im Grossraum Baregg an 338 Tagen Geduld. Auf den Umfahrungen Genf und Lausanne staute es an 270 und 252 Tagen, zwischen Bern und Kriegstetten war an 249 Tagen Abbremsen angesagt.
Die durch Staus verursachten volkswirtschaftlichen Kosten werden in einer Studie des Verkehrs-Beratungsunternehmens Infras auf 1,2 Milliarden Franken für das Jahr 2010 geschätzt. Davon entfallen 793 Millionen Franken auf Autobahnen. Der Wert einer verlorenen Stunde wird dabei mit 28 Franken für ein Auto und 116 Franken für einen Lastwagen beziffert.
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