Ehemaliger Anwalt und Boxclub-Präsident steht vor dem Basler Strafgericht
Nicolas Proschek ist sich als ehemaliger Anwalt den Gang vor Gericht gewohnt. Am Montag in einer Woche wird er vor dem Basler Strafgericht an einem neuen Ort sitzen: auf der Anklagebank. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm mehrfache Veruntreuung vor. Er soll über 100 000 Franken, die seinen Klienten zustanden, für eigene Zwecke ausgegeben haben. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Der 45-Jährige arbeitete als selbstständiger Anwalt an wechselnden Domizilen, vorübergehend in der Anwaltsgemeinschaft Nigon Kull & Partner. Nach wenigen Monaten wurde er von seinen Kollegen vor die Tür gestellt, weil er seinen Unkostenanteil nicht bezahlen konnte. Gemäss Staatsanwaltschaft geriet Proschek in «ernsthafte Liquiditätsprobleme», weil er als Anwalt nicht finanziell erfolgreich war. Vor fünf Jahren, als die Aufsichtskommission über die Anwälte gegen ihn aktiv wurde, zog er seine Zulassung als Anwalt zurück.
Bei der Gemeinde Allschwil fand er eine Stelle. Der grösste Teil seines Lohnes wurde ihm wegen Betreibungen gepfändet. Mittlerweile ist er ausgesteuert und bietet Rechtsberatung an.
Die Verhandlung in einer Woche ist erst der Anfang. Seit 2012 ermittelt die Staatsanwaltschaft in einem zweiten Verfahren gegen Proschek, ebenfalls wegen Veruntreuung. Ein Gerichtstermin steht noch nicht fest. Als Präsident des Basler Boxclubs soll er bis zu 120 000 Franken veruntreut haben. Diesen Vorwurf erhebt der aktuelle Präsident Angelo Gallina. Er verlangte Belege für Ausgaben von 170 000 Franken. Die Kosten für Turniere und Kämpfe hätten nur 50 000 Franken betragen. Gallina machte den Fall vor drei Jahren mit einer Mitteilung publik, in welcher der Angeschuldigte mit Namen genannt wurde und die von mehreren Medien aufgegriffen wurde. Der Boxclub sei kurz vor dem Ruin gestanden. Auch die Karriere von Europameister Arnold «The Cobra» Gjergjaj sei gefährdet gewesen.
Gallinas Kampf ist aussichtslos, weil er das Geld wohl nie erhalten wird. Es gehe ihm ums Prinzip, da es sich auch um die Vereinsbeiträge von Kindern und Jugendlichen handle. «Besonders schwierig war, dass er mit seinem Status als ‹Anwalt› glaubwürdig auftrat und diesen geschickt einsetzte», sagt Gallina. Er wusste nicht, dass Proschek seine Zulassung nicht mehr hatte.
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