Gibt es bald neue Geschäftsmodelle für den Musikhandel im Netz?
Eine neue Website soll die Zukunft der Schweizer Musikbranche mitgestalten. Kommenden Freitag schalten die Schweizer Piraten die Site «The Future Of Music» (futureofmusic.ch) auf. Darin können User über die wichtigsten Fragen rund um Gratis-Downloads und Urheberrechte diskutieren. Ein Thema, das die Piraten schon tausendfach in Foren zerpflückt haben – doch dieses Mal soll alles anders werden, denn ihre ärgsten Gegenspieler, die Musikschaffenden, sind nun ihre Partner.
Das gab es noch in keinem anderen Land. Die neue Website ist ihr erstes Gemeinschaftsprojekt. «Wir steigen mit unserem grössten Feind ins Bett», sagt Andy Prinz vom Verein der Schweizer Musikschaffenden mit einem Schmunzeln. Ziel ist es, den Streit beizulegen und neue Lösungen wie innovative Geschäftsmodelle für den Musikhandel im Netz zu finden.
Lange hätten Vorurteile eine Zusammenarbeit verhindert, sagt Denis Simonet, Sprecher der Piratenpartei. Weder wollten die Piraten das Urheberrecht abschaffen, noch hätten die Musikschaffenden den Sprung ins digitale Zeitalter versäumt. Die neue Website werde nun diese Missverständnisse ausräumen, ist Simonet überzeugt. Bisher seien die Beiträge beider Seiten in der Kommentarflut von Zeitungsartikeln und Blogposts oder auf Twitter verloren gegangen. Nun blieben sie zentral abrufbar. «Vielleicht finden wir auf diesem Weg sogar Anliegen, wofür wir gemeinsam kämpfen können», sagt Simonet.
Triebfeder dieser ungewöhnlichen Kooperation ist der seit langem serbelnde CD-Markt. Gratis-Downloads haben der Musikbranche arg zugesetzt. Auf Datenplattformen lagern frei verfügbar Millionen von Songs – ein Klick und die Raubkopie ist erstellt. In der Schweiz ist das Herunterladen solcher Kopien legal. Nur die Betreiber dieser Seiten können belangt werden, was aber nur in den wenigsten Fällen vorkommt. Für die Piraten gibt es ohnehin keine Raubkopien, denn die Werke würden nicht geraubt, sondern nur «vervielfältigt», lautet ihr Argument.
Wie weit die Parteien noch auseinanderliegen, zeigt sich auch in den Preisvorstellungen. Die Piraten sehen Songs als Kulturgut, das allen zusteht – und somit für den eigenen Gebrauch nichts kosten soll. Dagegen wehrt sich die Musikbranche. «Es ist abartig, wenn ein Song auf iTunes für Fr. 1.20 angeboten wird und die Leute beschweren sich noch, das wäre viel zu teuer», sagt Prinz, der auch ein Musiklabel betreibt.
Wenn für die Songs nichts mehr bezahlt werde, müssten die Musiker subventioniert werden. «Das wollen wir aber nicht», sagt Prinz, wir wollen für unsere Leistungen fair bezahlt werden. Wie das in Zukunft aussehen kann, soll nun auf der Seite «The Future of Music» geklärt werden.
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