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Muss die Bahnlinie Solothurn–Moutier stillgelegt werden? In Solothurn begab sich der Direktor des Bundesamtes für Verkehr in die Höhle des Löwen. Peter Füglistaler warb dafür, die Situation des Weissensteintunnels nüchtern zu betrachten.
Natürlich kam Peter Füglistaler nicht nach Solothurn, um Beruhigungspillen zu verteilen. Das ist auch nicht sein Job. Was der Direktor des Bundesamts für Verkehr (BAV) am Dienstagabend im Alten Spital erklärte, dürfte bei den Zuhörern immerhin das Gefühl hinterlassen haben, klar und offen informiert worden zu sein. «Wir müssen die Situation nüchtern betrachten», sagte Füglistaler. Auch deshalb sei es falsch, Alternativlosigkeit zu predigen.
Das Ringen um die Bahnlinie Solothurn–Moutier geht in die entscheidende Phase. Viele fürchten, dass die Linie schon bald stillgelegt werden könnte. Und es sind die Beamten in Füglistalers Behörde, die ein entscheidendes Wörtchen mitzureden haben, wie es weitergeht.
Die Fakten sind bekannt: Der Weissensteintunnel, das Herzstück der Moutierbahn, muss dringend saniert werden. Die Bahn darf höchstens noch bis 2020 durch den Tunnel fahren. Doch die Sanierung ist teuer, Fachleute rechnen allein dafür mit Kosten von 170 Millionen Franken. Zahlen müsste hauptsächlich der Bund. Die Investitionen sind umstritten, zumal die Linie ihre Kosten in den vergangenen Jahren nur zu rund 20 Prozent deckte. Liegt der Kostendeckungsgrad einer Bahnlinie unter 30 Prozent, ist das BAV vor einem grösseren Sanierungsprojekt verpflichtet, die Stilllegung zu prüfen.
In Solothurn äusserte sich BAV-Direktor Füglistaler erstmals öffentlich zu dem Thema. Mit ihm auf dem Podium standen der Solothurner Stadtpräsident und FDP-Nationalrat Kurt Fluri, die grüne Kantonsrätin Barbara Wyss und der Solothurner Tourismusdirektor Jürgen Hofer. Sie alle sind Befürworter einer Tunnelsanierung.
Situation aus Schweizer Optik
Begab sich Füglistaler da also in die viel zitierte Höhle des Löwen? Mehrmals erinnerte er daran: Laut einer Studie käme es nach derzeitigen Berechnungen gut 275 Millionen Franken günstiger, die Strecke stillzulegen und einen Busbetrieb einzurichten. Doch selbst wenn sich die Reisezeit damit im Durchschnitt nur um wenige Minuten erhöhen würde: «Jedem können wir niemals gerecht werden», sagte Füglistaler. Der oberste Bähnler räumte ein, dass sich die Situation gerade für Bahnkunden aus dem hinteren Thal markant verschlechtern würde. Für Bahnkunden ausserhalb des Durchschnitts eben.
Moderator Theodor Eckert (Chefredaktor Solothurner Zeitung) wollte von Füglistaler wissen, ob die Solothurner Argumente denn aus Schweizer Optik reichten. Seine Antwort war so überraschend wie unmissverständlich: Auf dem Papier sehe es zwar schlecht aus, sagte Füglistaler. «Doch momentan wird das Maximum zelebriert am Weissenstein. Es würde mich aber nicht wundern, wenn in einem zweiten Durchlauf noch günstigere Lösungen auftauchen.» Dabei dürfe nicht nur über preiswerte Sanierungsvarianten diskutiert werden. Sondern auch grundsätzlich darüber, «welchen Preis man am Ende zu zahlen bereit ist». Füglistaler forderte, dabei vergleichbare Projekte im Kopf zu haben.
Unmissverständlich gab sich auch Jürgen Hofer. In seinen Augen ist es «unabdingbar», dass die Bahnlinie Solothurn–Moutier erhalten bleibt. Der Tourismusdirektor weiss aber: «Es braucht Anstrengungen von allen Seiten und eine Neupositionierung. Die Bahn soll nicht nur ein Zubringer sein, sondern auch eine Attraktion.»
Harsche Kritik an Studie
Die beiden Politiker auf dem Podium kritisierten, dass viele Aspekte noch immer unklar seien. «Es fehlt eine Gesamtbetrachtung», sagte FDP-Nationalrat Kurt Fluri, und das sei gerade mit Blick auf das touristische Potenzial des Weissensteins fatal. Aus seiner Sicht ist die Moutierbahn nicht nur als Zubringer zur Weissenstein-Gondelbahn ideal, sondern auch hinsichtlich Fahrplangenauigkeit.
Barbara Wyss äusserte derweil scharfe Kritik an der Studie, die sich mit der Zukunft des Tunnels befasste. Die Folgen für die Entwicklung der Region seien darin ebenso wenig untersucht worden wie Anliegen der Raumplanung, sagte die grüne Kantonsrätin. «Die Angebotsqualität wurde in der Studie völlig unterbewertet.»
Trotz aller Bekräftigungen lieferte die Diskussion naturgemäss keine Antwort, welche Lösung sich nun abzeichnet. Bis Ende 2016 soll Klarheit herrschen. Wobei Peter Füglistaler ergänzte: «Auch dann ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.»