Weil die HSG-Professorin diese Woche den «Tages-Anzeiger» führte, fühlt sich die NZZ um ihre teure Beraterin betrogen.
Dass Miriam Meckel vergangene Woche ihren Professorinnen-Sessel an der HSG mit «Tages-Anzeiger»-Chefredaktor Res Strehle tauschte, war kein Geheimnis – aber in der Branche trotzdem offenbar nicht allen bekannt. Als NZZ-Redaktoren die umtriebige Kommunikationswissenschafterin am Montag in ganzseitigen «Tages-Anzeiger»-Inseraten entdeckten, die für das Projekt «Sesseltausch» warben, löste dies an der Falkenstrasse Irritationen aus, die sich in heftigen Diskussionen an der Ressortleitersitzung entluden, wo – seiner lautstarken Publizistik folgend – allen voran NZZ-Inlandchef René Zeller auf die Pauke gehauen hat.
Der Grund: Meckel und ihr HSG-Institut beraten die NZZ in Sachen digitale Zukunft. Erst am 3. Oktober hatte Meckel an der Kick-off-Veranstaltung für die in den nächsten Monaten geplanten «Innovationsateliers» vor versammelter Redaktion versichert, sie würde «exklusiv für die NZZ» arbeiten». Meckels Engagement beim «Tages-Anzeiger» löste die Befürchtung aus, die von Institutsmitarbeitern in unzähligen Interviews mit NZZ-Personal gesammelten NZZ-Geheimnisse würde Meckel jetzt bei der direkten Konkurrenz an der Werdstrasse einbringen. Meckel winkt auf Anfrage ab: «Bei der Kooperation mit der NZZ handelt es sich um wissenschaftlich basierte Workshops, die wir gemeinsam durchführen. Dabei sind keine Betriebsgeheimnisse tangiert.» Darüber hinaus weist sie darauf hin, dass der Job-Tausch mit Strehle öffentlich bekannt war und auch von der NZZ vermeldet wurde.
Das Sesseltausch-Experiment bei Tamedia, bei dem Meckel auch die schwierige Situation eines IT-Totalausfalls bewältigen musste, bewertet sie positiv: «Vom Einblick in die redaktionellen Abläufe können sowohl meine Lehre als auch meine Forschung profitieren.»
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