Schlieren
Neuer Zwist um den Ortsbus: Stadt und Initianten sprechen von unterschiedlichen Haltestellen

Stadt und Initianten sprechen von unterschiedlichen Haltestellen am Bahnhof.

Alex Rudolf
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Hier vor dem historischen Bahnhofgebäude sehen die Initianten den Standort für die mögliche Ortsbus-Haltestelle.

Hier vor dem historischen Bahnhofgebäude sehen die Initianten den Standort für die mögliche Ortsbus-Haltestelle.

Alex Rudolf

Erneut ist bei der Ortsbus-Initiative der Wurm drin und die seit drei Jahren andauernde Leidensgeschichte um ein Kapitel reicher. In der Abstimmungszeitung der Stadt Schlieren wird ersichtlich, dass die Haltestelle Bahnhof in den Plänen auf der Engstringerbrücke vorgesehen ist. Auf einem von den Initianten veröffentlichten Flyer, der für ein Ja am Abstimmungssonntag vom 5. Juni wirbt, ist die Haltestelle direkt beim historischen Bahnhofgebäude eingezeichnet. Die Initianten und die Stadt geben auf Anfrage der Limmattaler Zeitung an, stets den von ihnen gewählten Haltestellen-Standort im Sinn gehabt zu haben. Ortsbus-Initiant Werner Fisler hält diesen Standort für wichtig, da betagte Passagiere auf diese Weise ebenerdig Bahntickets beim SBB-Schalter beziehen können.

Pläne der Initianten: Halt beim historischen Bahnhofbau.

Pläne der Initianten: Halt beim historischen Bahnhofbau.

Zur Verfügung gestellt

Stadtpräsident Toni Brühlmann-Jecklin hörte zum ersten mal von diesem Standort, als vor einer Woche die Flyer in Umlauf gebracht wurden. «Die Bushaltestelle auf der Engstringerbrücke ist die Bahnhofhaltestelle für Busse», sagt er auf Anfrage. Stets sei mit dieser Station geplant worden. Die Chancen auf eine Erstellung der Haltestelle vor dem historischen Bahnhofbau beurteilt Brühlmann als eher schlecht. «Die Planung des Bahnhofplatzes ist derzeit in vollem Gang. Zu keinem Zeitpunkt war jedoch vorgesehen, dass dort eine Busverbindung vorbeiführt.»

Plan der Stadt: Halt auf der Engstringerbrücke.

Plan der Stadt: Halt auf der Engstringerbrücke.

Zur Verfügung gestellt

Im September 2013 reichten die Initianten die Volksinitiative «Ortsbus Schlieren» bei der Stadt ein. 617 Einwohner unterzeichneten das Begehren, wonach die Schlieremer Aussenquartiere besser mit dem Zentrum erschlossen werden sollten. Der Stadtrat arbeitete eine Umsetzungsvorlage aus, in der drei Schlaufen den Schlieremerberg, Rohr/Unterrohr und das Haus für Betagte Sandbühl im Stundentakt angefahren werden würden. Um den in der Initiative geforderten Fahrtakt einhalten zu können, sieht der Vorschlag der Exekutive vor, zwei Fahrzeuge anzuschaffen. Sieben Haltestellen bestehen bereits, deren zehn müssten neu erstellt werden. Für eine Testphase beziffert der Stadtrat die Kosten mit rund 415 000 Franken für den Vollausbau würden weitere 204 000 Franken hinzukommen. Die jährlichen Betriebskosten würden laut Stadtrat auf 1 150 000 Franken zu stehen kommen, wobei die Ausgaben für das Personal mit 860 000 Franken den grössten Faktor darstellen.

Das Schlieremer Parlament verweigerte dem Stadtrat im Juni 2014, die Initiative mit einem Gegenvorschlag zu ergänzen, obwohl sich die Initianten kompromissbereit zeigten. Im August vergangenen Jahres reichte dann der QV-Gemeinderat Jürg Naumann einen Stimmrechtsrekurs gegen die Behandlung des Geschäfts im Schlieremer Parlament ein. Im Februar dieses Jahres wurde diese vom Bezirksrat abgelehnt.

Stadt- und Gemeinderat dagegen

Der Stadtrat wie auch die Mehrheit des Gemeinderates empfiehlt, das Geschäft abzulehnen. So bezeichnet die Exekutive die Kosten von rund 1,15 Millionen Franken als unverhältnismässig, da Schlieren heute für das gesamte öV-Angebot lediglich 1,6 Millionen Franken ausgebe. Die Initianten um den ehemaligen Gemeinderat und Buschauffeur Werner Fisler wie auch einzelne Gemeinderäte monieren jedoch, dass ein günstigerer Umsetzungsvorschlag möglich gewesen wäre. Der Stadtrat verweist darauf, dass der vorgebrachte Lösungsvorschlag nur eine von mehreren Varianten sei, die Realisierung des Ortsbusses aber ohnehin mit sehr hohen Kosten verbunden wäre. Bei einem Ja der Stimmbevölkerung müsste er dem Gemeindeparlament einen neuen Umsetzungsvorschlag unterbreiten. «Die Exekutive wird dann zu entscheiden haben, ob die beschriebene Variante oder aber ein anderer Vorschlag unterbreitet wird», heisst es in der Abstimmungsbroschüre der Stadt.

Trotz der Ablehnung von Stadtrat und Parlament rechnet sich Initiant Fisler durchaus Chancen aus, dass die Schlieremer Stimmberechtigten Ja sagen werden. «Wenn nur schon die über 600 Unterzeichner an die Urne gehen, haben wir ein beachtliches Ergebnis», sagt er. Auch, dass die Stadt nach einem allfälligen Ja einen neuen Umsetzungsvorschlag ausarbeiten muss, wertet Fisler positiv. «Nach wie vor bin ich der Überzeugung, dass sich eine Ortsbus-Linie für 500 000 bis 600 000 Franken umsetzen lässt.» So sei man bereit, Kompromisse bezüglich der Linienführung in den Quartieren und der Frequenz einzugehen. Auch hätte sich Fisler gewünscht, dass die Stadt Offerten von anderen Betreibern als der VBZ eingeholt hätte. «Denn diese sind im Vergleich zu kleineren Anbietern teuer.»

«Signal aus der Bevölkerung»

Die poltischen Parteien sind uneins bezüglich ihrer Parolen zur Initiative. Die SP/Grüne- und die CVP/EVP-Fraktion sprechen sich dafür aus, jene der SVP, FDP, GLP sind dagegen. Die Befürworter verweisen auf die über 600 gültigen Unterschriften, die zusammengekommen sind. «Dies ist ein klares Signal aus der Bevölkerung, dass es diese öV-Erschliessung der Quartiere braucht», sagt etwa CVP-EVP-Fraktionssprecher Rolf Wegmüller. Für die Gegner der Vorlage sind die Kosten schlichtweg zu hoch. «Zwar sind wir für eine Anbindung des Schlieremerbergs», sagt FDP-Präsidentin Barbara Angelsberger, «doch nicht zu diesem Preis.»