Neue Jobs trotz roten Zahlen

Die Mehrheit der Kantone schreibt 2014 Defizite, vielerorts sind Sparpakete aufgegleist. Dennoch stellen die Verwaltungen neues Personal ein.

SaW Redaktion
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Die Ratsdebatte in Lausanne schien wenig spektakulär zu werden. Die links-grün dominierte Waadtländer Kantonsregierung hatte für 2014 einen ausgeglichenen Voranschlag präsentiert: 17 Millionen Franken sollte der Überschuss betragen. Und doch waren die Bürgerlichen im Parlament unzufrieden. «Dieses Budget ist fett wie eine Waadtländer Sau», rief der Fraktionschef der FDP.
Die Bürgerlichen handelten. Von den über 350 neuen Vollzeitstellen, die von der Regierung vorgesehen waren, strichen sie diese Woche 29 Verwaltungsstellen wieder aus dem Budget – als Zeichen gegen den Kostenanstieg.
Im Gegensatz zur Waadt schreibt die grosse Mehrheit der Kantone im nächsten Jahr rote Zahlen. Bereits 2012 hatte sich das Defizit aller Kantone auf 2,3 Milliarden Franken summiert. In 16 Kantonen sind nun Sparpakete in Vorbereitung oder bereits von den Parlamenten verabschiedet. Betroffen ist vor allem der Bildungsbereich, was in mehreren Kantonen zu Lehrerdemonstrationen und Schülerprotesten führte.
Auf den Personalbestand der öffentlichen Hand wirkt sich die angespannte Finanzlage jedoch kaum negativ aus, wie eine Auswertung der kantonalen Budgets zeigt. Mit wenigen Ausnahmen bauen Kantone, Bund und Städte ihre Verwaltungen auch 2014 aus: Total entstehen 2500 neue Vollzeitstellen.
Spitzenreiter ist der Kanton Genf, der gleich 430 neue Vollzeitjobs schafft: in der Bildung, bei der Polizei und bei der Justiz. Auch Kanton und Stadt Zürich stocken ihre Verwaltungen jeweils um eine dreistellige Zahl Vollzeitstellen auf. Zugunsten kommt dies vor allem dem Bildungsbereich, wo sowohl beim Lehrpersonal wie auch bei den Schulämtern aufgestockt wird.
Auch der Bund stellt mehr Mitarbeiter ein. Die Verwaltung in Bern wächst um 300 Stellen, nachdem das Parlament in der Wintersession davon absah, Kürzungen beim Personal durchzusetzen. Bescheiden ist das Stellenwachstum dafür in den kleineren Kantonen. Deutlich abgebaut wird im Kanton Baselland, der nach jahrelanger Finanzmisere dabei ist, ein grosses strukturelles Defizit abzubauen. Ein rekordhohes Sparpaket schnürte nach einer langen Debatte im Kantonsparlament auch der Kanton Bern. Die Berner Finanzverwaltung war diese Woche jedoch noch nicht in der Lage, die genauen Auswirkungen auf die Stellenzahl zu beziffern.
Weshalb aber wachsen die meisten Verwaltungen trotz Budgetlöchern und Schuldenbergen weiter? Ein wichtiger Grund ist das besonders in den Wirtschaftszentren grosse Bevölkerungswachstum. Peter Hegglin, Präsident der Finanzdirektorenkonferenz, sagt: «Das Wachstum ist im Verhältnis zur Gesamtzahl der öffentlichen Verwaltung nicht gerade exorbitant.» Vor allem zeigten die Zahlen, dass die oft beklagten Sparmassnahmen in den Kantonen nicht so drastisch seien: «Es handelt sich vielmehr um ein abgeschwächtes Wachstum.» Grundsätzlich könne keine Rede davon sein, dass sich die Verwaltungen von selbst ausbauten, sagt Hegglin. «Die Personalkredite und neue Stellen müssen von den kantonalen Parlamenten genehmigt werden.»
Zum mangelnden Sparwillen tragen allerdings auch die Bürger bei. «Sparen ist kein nachhaltiges Politikprogramm, damit lassen sich keine Wahlen gewinnen», sagt Adrian Ritz, Spezialist für öffentliche Verwaltungen an der Uni Bern. Hinzu komme, dass Verwaltungen zum Wachstum neigten, wenn sie nicht gebremst würden. «Mehr Personal heisst mehr Ansehen und mehr Macht im Budgetprozess für ein Amt.» Im internationalen Vergleich stehe die Schweiz aber sehr gut da: «Wichtiger als das Stellenwachstum ist, ob die Staatsquote steigt oder nicht. Und das ist nicht der Fall.»
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