Sie haben ein Bauwerk in Auftrag gegeben und stellen bei der Bauabnahme oder beim Bezug fest, dass es inakzeptable Mängel aufweist. Was tun? Mit einer sogenannten Mängelrüge können Sie den verantwortlichen Unternehmer in Haftung nehmen.
Die Mängelrüge muss „sachgerecht substanziiert“ sein, sprich: Aus ihr muss detailliert hervorgehen, welche Baustelle, welches Bauwerk und welcher Bauteil betroffen ist. Ein pauschaler Vorwurf, ein Bauwerk sei mangelhaft, genügt nicht. Über die Ursache des Mangels oder die eventuelle Vertragsabweichung muss die Mängelrüge indes keine Auskunft geben – die Eruierung der Ursache mittels Gutachten erfolgt später.
Die Mängelrüge muss darüber hinaus deutlich zu erkennen geben, dass der Bauherr das Werk nicht als vertragskonform anerkennt und dass er den Unternehmer haftbar machen will. Ob er eine unentgeltliche Nachbesserung, Preisminderung oder Schadenersatz fordert, muss in der Mängelrüge nicht festgehalten werden. Die aus einem Mangel resultierende Forderung kann später gestellt werden.
Es wird zwischen drei Arten von Mängeln unterschieden:
Mängel können während der Bauphase, bei der Übergabe (Abnahme) oder erst nach der Ingebrauchnahme des Werks erkannt werden. Die Frist einer Mängelrüge ist je nach Baustadium verschieden.
Ein bereits auf der Baustelle erkannter Mangel kann jederzeit gerügt werden, wobei den Bauherrn eine Mitwirkungs- und Schadenminderungspflicht trifft. Sprich: Erkennt er einen Mangel, muss er ihn umgehend mitteilen. Ansonsten kann ihn die unterlassene Rüge selber treffen: Vergrössert sich der Mangel in der Zwischenzeit, hat er die Folgen selbst zu tragen. Dies gilt auch für alle Mangelfolgeschäden, die darauf zurückzuführen sind, dass der Bauherr keine Mängelrüge erteilt hat.
Die Abnahme eines Werkes dient der gemeinsamen Prüfung. Werden dabei Mängel entdeckt, so werden diese protokolliert. In der Regel geht es dabei um sogenannte „offene“, also klar ersichtliche Mängel. Das Protokoll ersetzt die Mängelrüge. Offensichtliche, aber nicht protokollierte (und damit nicht gerügte) Mängel gelten als genehmigt. Wurde etwa ein Parkettboden in Auftrag gegeben und Laminat verlegt, so handelt es sich um einen offensichtlichen Mangel, der protokolliert werden muss.
Die Mängelrüge in Form der Protokollierung hat umgehend, also während der Abnahme auf der Baustelle zu erfolgen. Findet keine gemeinsame Abnahme statt, so hat der Auftraggeber gemäss Obligationenrecht (OR 367) das Werk nach Fertigstellung sofort zu prüfen und erkannte Mängel zu rügen. Das Bundesgericht präzisiert diese prompte Prüfung und spricht generell von einer Wochenfrist. Besondere Umstände können eine längere Prüfungs- und Rügefrist rechtfertigen.
Generell beträgt die Garantie- und Gewährleistungspflicht für einen (unbeweglichen) Bau fünf Jahre. In dieser Zeit hat der Bauherr das Recht, eine Mängelrüge an den mutmasslich verursachenden und verantwortlichen Unternehmer zu richten.
Es ist allerdings zu unterscheiden, ob ein Vertrag nach SIA (Schweizerischer Ingenieur- und Architekten-Verein) und/oder nach OR (Obligationenrecht) vorliegt. Bei einem OR-Vertrag betragen die Garantie- und Verjährungsfristen für unbewegliche Werke fünf Jahre und für bewegliche zwei Jahre ab dem Datum der Abnahme (Art. 371 OR). Dies gilt für offene und versteckte Mängel. Handelt es sich indes um vom Unternehmer absichtlich verschwiegene Mängel, verlängert sich die Frist auf zehn Jahre (Anwendung des Kaufrechts gemäss OR 210 Abs. 3).
Bei einem SIA-Vertrag beträgt die Gewährleistungs- und Verjährungsfrist für Werke bei offenen Mängeln zwei, bei verdeckten Mängeln fünf, bei absichtlich verschwiegenen Mängeln zehn Jahre.
Generell gilt: Der Bauherr hat nach der Bauabnahme erkannte, sogenannte „versteckte“ oder „geheime“ Mängel gemäss OR 370 Abs. 3 sofort zu rügen. „Sofort“ heisst innerhalb einer Woche nach Kenntnisnahme des Mangels. Verpasst der Bauherr die sofortige Rüge, verliert er seine Mängelrechte und er muss die Verantwortung für eine Vergrösserung des Schadens und eventuelle Folgeschäden übernehmen.
Wurde von den Parteien die SIA Norm 118 „Allgemeine Bedingungen für Bauarbeiten“, die wichtigste Werkvertragsgrundlage der Schweizer Bauwirtschaft, in den Vertrag aufgenommen, besteht eine Ausweitung der Rügefrist auf zwei Jahre. In dieser verlängerten „Rügezeit" kann der Bauherr jederzeit einen erkannten Mangel rügen. Für (verdeckte) Mängel, die der Bauherr erst nach Ablauf der zweijährigen Garantiefrist entdeckt, haftet der Unternehmer lediglich, wenn diese vom Bauherrn sofort nach Entdeckung gerügt worden sind.
Ist nicht eindeutig, welcher Unternehmer für den Mangel verantwortlich ist, sind mehrere Unternehmer zu rügen. Nur so kann der Bauherr verhindern, dass kein Rechtsverlust wegen unterlassener Rüge eintritt. Bei einem Wasserschaden können etwa die Isolation, die Sanitärleitungen oder auch die Heizungsanlage mangelhaft sein. Ein Schaden kann auch auf Elektriker oder Bodenleger zurückzuführen sein.