Der Branchenverband Santésuisse stellt eine Häufung von irreführenden Anrufen aus Callcentern fest – wie die Masche funktioniert, zeigt ein Beispiel aus Dietikon.
Am Freitagnachmittag erhielt eine Dietikerin einen irreführenden Telefonanruf: Am anderen Ende der Leitung wollte ihr ein Mann weismachen, dass er von der Stelle sei, die den Zürchern ihre zu viel bezahlten Krankenkassenbeiträge auszahle. Der Anrufer fragte nach der Wohnadresse, damit er vorbeikommen könne, um in einem persönlichen Gespräch genauer darüber zu informieren.
Die Frau wurde stutzig. Umso mehr, als der Anrufer meinte, dass seine Firma in den nächsten zwei Wochen jedem Dietiker das zustehende Geld überbringen werde. Das kann nicht sein, realisierte die Frau und wollte wissen, für wen der Anrufer arbeitet. Nach mehrmaligen Nachfragen rückte dieser schliesslich heraus: Er rufe an im Auftrag von Tariflupe.
Ein Blick auf die Website von Tariflupe zeigt: Es handelt sich dabei um ein Unternehmen, das Versicherungsberatungen anbietet. Der Anruf kam also aus einem Callcenter. Im persönlichen Gespräch hätte die Frau wohl eine unerwünschte Versicherungsberatung erhalten.
Beim Branchenverband der schweizerischen Krankenkassen Santésuisse kennt man das Problem der irreführenden Anrufe. In den letzten Tagen hätten sie vermehrt Rückmeldungen zu solchen Telefonaten erhalten, sagt Kommunikationsleiter Paul Rhyn. «Die Callcenter versuchen mit allen Mitteln, einen Schuh in die Tür von Kunden zu bekommen», sagt er. Manche hätten auch im Namen der Santésuisse angerufen. Allerdings sei es schwierig, obskure Callcenter zu stoppen, weil diese oft vom Ausland her operierten und sich damit dem hier geltenden Rechtssystem entzögen. Zudem sei es nicht einfach, überhaupt an diese Unternehmen heranzukommen.
Eine Kontaktaufnahme ist auch bei Tariflupe schwierig. Laut Handelsregister befindet sich der Firmensitz zwar in Zürich, doch Kontaktdetails sind nirgends zu finden; die Website von Tariflupe ist registriert auf «Callcenterpool Ltd», einen Holder auf den Seychellen. Und wählt man die Telefonnummer, mit der die Dietikerin angerufen wurde, ertönt lediglich das Besetztzeichen.
Für die Rückerstattung der zu viel bezahlten Krankenkassenbeiträge ist denn auch keine externe Stelle zuständig, sondern allein die Krankenkassen. Eine Prämienkorrektur erfolgt, weil sich in den letzten sieben Jahren zwischen den Prämien der obligatorischen Krankenpflegeversicherung und den Kosten für die medizinischen Leistungen in den Kantonen Ungleichgewichte akkumulierten. Konkret: Für den Kanton Zürich wird eine Summe von rund 460 000 Franken erstattet, wohingegen etwa im Kanton Bern rund 650 000 Franken nachbezahlt werden müssen. Die Krankenkassen haben laut Daniel Dauwalder, Sprecher vom Bundesamt für Gesundheit, zwei Möglichkeiten, wie sie das Geld ihren Kunden im Kanton Zürich zurückzahlen: Einerseits könnten sie im nächsten Jahr den Betrag von der Juniprämie abziehen, andererseits könnten sie ihn auch direkt aufs Bank- oder Postkonto überweisen.
Um die perfiden Maschen von Callcentern künftig zu unterbinden, will die Santésuisse darauf hinwirken, dass das Gesetz zu unlauterem Wettbewerb verschärft wird. Damit würde eine Kaltakquise, also die unerwünschten Anrufe von Callcentern, künftig verboten.