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Der Kanton plant einen zusätzlichen Zaun um die Justizvollzugsanstalt Pöschwies in Regensdorf. Anwohner wollen das davon betroffene Naherholungsgebiet Pöschholz retten. Für ihre Petition haben sie in wenigen Tagen über 700 Unterschriften gesammelt.
Zwischen Bäumen und Büschen schimmert immer mal wieder das Grau der Gefängnismauer. Das Gefängnis Pöschwies, grösste geschlossene Justizvollzugsanstalt der Schweiz, ist in Regensdorf ein alltäglicher Anblick. Doch etwas tut sich im Pöschholz, dem Wald, der ans Pöschwies angrenzt. An viele Bäume sind jetzt Zettel geheftet: Die von Anwohnern gegründete IG Pöschholz warnt davor, dass die Bäume womöglich bald einem neuen Zaun weichen müssen, der das Gefängnis zusätzlich sichern soll. Das Naherholungsgebiet Pöschholz sei bedroht. Letzten Donnerstag hat die IG Pöschholz deshalb eine Petition gegen das Bauvorhaben des Kantons lanciert. Innert weniger Tage sind bereits über 700 Unterschriften zusammengekommen.
Und die Vertreter der IG Pöschholz sind entschlossen, Rekurs einzureichen, sollte der Gemeinderat das Baugesuch des Kantons bewilligen. Das machen sie bei einem Waldspaziergang ums Gefängnis klar. Der Konflikt dürfte sich also noch länger hinziehen.
Heute ist das Gefängnis gegen aussen mit einer hohen Mauer gesichert, um die herum ein übermannshoher Zaun mit Stacheldrahtaufsatz verläuft. Die dicke Gefängnismauer ist gut doppelt so hoch wie der Zaun, der die Mauer mit einigen Metern Abstand umschliesst.
Nun plant der Kanton mit einem Abstand von 70 Metern, an manchen Stellen auch 40 Metern, einen weiteren Zaun um den bestehenden Zaun. Entlang dem neuen Zaun sollen gemäss Baugesuch mit einem Abstand von fünf Metern keine Bäume mehr stehen. Ausserhalb des Zauns soll eine Schneise durch den Wald gehen, innerhalb ausgelichtet werden. «Distanz schafft Sicherheit», lautet das Motto des Baugesuchs, das in Regensdorf bis zum 8. Oktober öffentlich aufliegt.
Die Kritiker haben Einwände: «Regensdorf wächst in den nächsten Jahren massiv. Es macht keinen Sinn, den Leuten den Wald wegzunehmen», sagt Andreas Frick von der IG Pöschholz beim Waldspaziergang, der vorbei an alten Bäumen, einem Vitaparcours und Grillplätzen führt. Der Dichtestress werde zunehmen; besonders auf dem geplanten zwei Meter schmalen Weg direkt ausserhalb des neuen Gefängniszauns, der den bestehenden Waldweg zum Bahnhof ersetzen soll. «Wir brauchen dieses Naherholungsgebiet», sagt IG-Mitglied Sandra Müller.
Ihre Mitstreiterin Natascha Michalski verweist auf mögliche Alternativen, wie das Gefängnis auch ohne neuen Zaun besser zu sichern wäre: Die bestehenden Mauern könnten erhöht oder Fangnetze daran angebracht werden.
Die IG-Mitglieder stossen beim Spaziergang durch den Wald auf Zuspruch von Bekannten: Es sei wichtig, sich zu wehren, meint eine junge Mutter mit Kinderwagen. «Am Schluss sind sonst wir die Gefangenen.»
Das Gefängnisareal würde mit dem neuen Zaun um 30 Prozent erweitert, gibt IG-Mitglied Jon Rauch zu bedenken. Dabei sei schon der Gefängnisneubau von 1995 ein Kompromiss mit Naturschützern gewesen. «Wenn der Zaun steht, kannst du nicht mehr durch den Wald flanieren», sagt Michalski.
Die Hoffnung der IG Pöschholz, das Projekt notfalls mittels Rekurs zu stoppen, gründet auch darauf, dass Naturschutzgebiet vom Zaunbau betroffen wäre.
Beim Kanton, der als Bauherr auftritt, kennt man die Bedenken. Der Entscheid für den neuen Zaun sei im Rahmen einer Interessenabwägung gefallen, sagt ein Sprecher der kantonalen Baudirektion auf Anfrage. Mit den geplanten Massnahmen werde die Sicherheit der Bevölkerung erhöht. Dies sei ebenfalls ein grosses Bedürfnis der Bevölkerung.
Der Zaun solle nicht nur den Einwurf von Gegenständen verhindern. «Noch viel wichtiger ist es, dass es nicht zu Ausbrüchen mit Hilfe von aussen kommt. Erfahrungen aus dem Ausland und der Schweiz zeigen, dass dazu ein grosser Abstand zwischen dem Gelände des Gefängnisses und dem äusseren Zaun notwendig ist», so der Baudirektionssprecher weiter.
Alternativen wie Netze und Massnahmen im Inneren der Gefängnisanlage seien geprüft und als weniger wirksam verworfen worden. Die Nähe zum Wald sei für die Sicherheit des Gefängnisses ein Risiko, heisst es weiter aus der Baudirektion. Details dazu könne man aus Sicherheitsgründen nicht nennen. Ähnlich hatte sich auch schon die kantonale Justizdirektorin Jacqueline Fehr (SP) gegenüber Vertretern der IG Pöschholz geäussert. Allerdings: Der letzte Ausbruch aus der Justizvollzugsanstalt Pöschwies fand laut Angaben des Kantons im Jahr 2001 statt.
Über das Baugesuch des Kantons wird der Regensdorfer Gemeinderat laut Gemeindepräsident Max Walter (SVP) voraussichtlich in drei bis vier Wochen entscheiden. Die Gemeinde habe in Gesprächen mit dem Kanton als Vermittler gewirkt. Dieser habe daraufhin Anliegen der Kritiker aufgenommen; etwa, dass der Vitaparcours nicht verschwindet und dass es weiterhin einen Fussweg dem Gefängniszaun entlang zum Bahnhof geben werde. Zudem solle das Pöschholz naturnah aufgeforstet werden.
Daher stehe er dem Zaun-Projekt des Kantons nun positiv gegenüber, sagt Walter. «Es dient auch der Sicherheit der Anwohner», so der Gemeindepräsident.
Verlierer wären laut Baugesuch vor allem Säugetiere ab der Grösse einer Maus, wegen der ökologischen Trennwirkung des Zauns und der daran angrenzenden Schneise. Auch Anwohner fühlen sich davon betroffen.