Kanton hat im Budget weitere 24 Millionen reserviert. SP-Präsident rechnet mit 800 Millionen.
Der Zürcher Regierungsrat ist in einem Dilemma. Er kann das Polizei- und Justizzentrum (PJZ) nicht bauen, ohne gegen den Volkswillen zu verstossen. Das Volk sprach sich zweimal für die Zusammenlegung von Polizei und Staatsanwaltschaft in einem Neubau aus. Versprochen hatte die Regierung, dass dafür der heutige Standort der Kantonspolizei auf dem Kasernenareal frei werde.
Versprochen hatte sie aber auch, dass das PJZ nicht wesentlich mehr als 568 Millionen Franken kosten werde. Der Platzbedarf von Polizei- und Staatsanwaltschaft ist aber derart gewachsen, dass es nun doch nicht möglich ist, Polizei und Justiz im geplanten Bau auf dem Gelände des alten Güterbahnhofs unterzubringen. Am Donnerstag präsentierten Stadt und Kanton den Masterplan für das Kasernenareal. Das Polizeigefängnis soll von der Wiese verschwinden. Die Kantonspolizei ist aber weiterhin an ihrem alten Standort präsent.
Weitere 100 Millionen gefordert
Was es kosten würde, Polizei und Justiz wie ursprünglich geplant an einem Standort zusammenzuziehen, hat diese Woche Daniel Frei, Präsident der kantonalen SP, im Kantonsrat vorgerechnet. Er hat den Vorstoss eingereicht, das PJZ für 50 bis 100 Millionen zu erweitern, damit Polizeikommando und Oberstaatsanwaltschaft auch zentral vereint werden. Die Chancen für den Vorstoss stehen schlecht. Der Kanton hat sich ein Sparprogramm verordnet. Es dürfte schwer vermittelbar sein, warum eine Lehrlingswerkstätte geschlossen wird, während für den «Justizpalast», wie er von Projektgegnern genannt wird, weitere hundert Millionen gesprochen werden. «Dieser Vorstoss kommt zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt», sagt SVP-Kantonsrat Jürg Sulser. Der Kanton wird wahrscheinlich bei seiner Entscheidung für Budgetdisziplin und gegen eine polizeifreie Kaserne bleiben.
Ob die Kosten des PJZ bei den heute prophezeiten 568 Millionen bleiben werden, ist allerdings alles andere als sicher. Denn auch wenn Freis Vorstoss, das PJZ um ein Gebäude zu erweitern, zurzeit chancenlos ist, wird der Ausbau wohl früher oder später kommen. Zumindest ist diese Option bei der Planung bereits berücksichtigt worden. Auch SVP-Kantonsrat Sulser, der gegen den Vorstoss ist, sagt: «Ich rechne damit, dass man früher oder später auf dem Areal des alten Güterbahnhofs ein weiteres Gebäude aufstellen muss.» Doch auch die jetzt vorgesehene Variante ohne Ausbau könnte noch teurer werden. Im Moment ist der Kanton auf der Suche nach einem Generalunternehmer, der den Bau in Angriff nimmt. Im Rennen sind noch die Firmen HRS Real Estate, Implenia und Steiner. Pläne, Beschriebe und Anforderungen füllen alleine 120 Bundesordner. Wer den Zuschlag bekommt, wird in diesen Tagen entschieden. Dem Vernehmen nach liegen die Offerten preislich nahe beieinander.
SVP-Kantonsrat Sulser, der sich in der Finanzkommission mit dem PJZ beschäftigt, gibt sich zwar optimistisch, dass die Kosten im Rahmen bleiben werden. Er sagt aber auch: «Es wird schwierig.» Möglich wäre, dass eines der unterlegenen Generalunternehmen sich gegen den Entscheid gerichtlich wehrt. Um einen Auftrag in dieser Grösse dürfte es sich lohnen, zu kämpfen. Der Bau könnte dadurch weiter verzögert werden – mit ungewissen Kosten.
Werden PJZ-Kosten in anderen Budgets versteckt?
Auch wenn nun alles glatt läuft und wie vorgesehen im nächsten Jahr mit dem Bau begonnen wird, kommen weitere Kosten im Zusammenhang mit dem PJZ auf den Kanton zu. Dies zeigt ein Blick in die Rechnung des Kantons Zürich. 2015 wurden dort Rückstellungen von 24,4 Millionen für «Rückbauten im Zusammenhang mit dem Umzug der Kantonspolizei ins Polizei und Justizentrum» getätigt. «Es besteht der Anreiz, gewisse Kosten für das PJZ in andere Budgets zu verlagern. Es geht nicht, dass Kosten für Rückbauten und Umzug ins PJZ separat verbucht werden», kritisiert Sulser. SP-Kantonsrat Frei geht gar davon aus, dass das PJZ massiv teurer wird. «Mit den 568 Millionen ist noch lange nicht alles bezahlt», sagt er auf Anfrage. Das Gesamtprojekt PJZ koste zusammen mit allen Innenausbauten, Arbeiten zur Neuorganisation der verschiedenen Nutzer und Umzüge gegen 800 Millionen Franken. Für ihn ist es besonders unbefriedigend, dass die Kantonspolizei vorerst auf der Kaserne bleibt. Seine Partei hatte sich nach internen Diskussionen knapp auf die Seite der Befürworter des PJZ geschlagen. Entscheidend war die Aussicht auf ein polizeifreies Kasernenareal, ein Anliegen der Stadtzürcher SP. «Heute würden wir dem Projekt wohl nicht mehr zustimmen», sagt Frei. An der Verteuerung des Justizpalastes ist die SP allerdings nicht unschuldig. Schliesslich sind es die Departemente Sicherheit und Justiz der SP-Regierungsräte Jacqueline und Mario Fehr, welche zusammen mit der Baudirektion von SVP-Mann Markus Kägi für das PJZ verantwortlich sind.
Sollte die Kostenprognose von Frei eintreffen, wäre das eine massive Überschreitung des einmal vom Volk bewilligten Betrags. Als der Kanton das Projekt PJZ im Jahre 2000 in Angriff nahm, rechnete man übrigens noch mit 320 Millionen. Die realen Kosten könnten aber erst geschätzt werden, liess die Regierung damals verlauten. Es war eine höchst ungenaue Schätzung.
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