Fifa streicht die Beraterlizenz – Laien dürfen künftig über Millionen-Deals verhandeln. Das bereitet den Vereinen Sorge
Auf dem Spielerberater-Markt herrscht künftig der Wilde Westen: Der Weltfussballverband Fifa hat beschlossen, die Lizenzen für Agenten abzuschaffen. Ab April müssen Berater keine Prüfung mehr ablegen, um bei den Millionendeals mitmischen zu können. Das heisst, auch Laien dürfen Fussballprofis beraten. Bisher mussten Agenten ihr Fachwissen über das gesamte Regelwerk der Fifa und die nationalen Verbände nachweisen, bevor sie um die Gagen der Fussballstars feilschen konnten.
Für den Verband der Schweizer Spielerberater (SFAA) ist das ein Fehler. «Die Fifa verhält sich verantwortungslos», sagt Christoph Graf, lizenzierter Agent und Vizepräsident des SFAA. Bis zu 90 Prozent der Anwärter würden jeweils durch die Prüfung fallen, sagt er. Das sicherte die Qualität der Agenten. Diese Hürde fällt nun weg. Graf vermutet, dass die Fifa den Aufwand des Lizenzierungsverfahrens loswerden will. «Sie schiebt die Arbeit einfach ab.»
Tatsächlich nimmt die Fifa nun die nationalen Verbände in die Pflicht. Das neue Reglement sieht vor, dass die 209 Mitgliederverbände für Vermittler ein Registrierungssystem betreiben, berichtet die «Sportbild». Über dieses sollen Agenten jedes Mal registriert werden, wenn sie an einem Transfer beteiligt sind – um die Transparenz zu sichern.
Bei den neuen Fifa-Regeln handelt es sich um Mindeststandards. Die nationalen Verbände können darüber hinaus strengere Regeln einführen. Dafür setzt sich der SFAA ein. Er steht mit dem Schweizer Fussballverband in Kontakt. Auch die Fifa ist involviert. Bis Ende November sollen die ersten Entscheidungen fallen.
Die Vereine äussern bereits Vorbehalte. «Wir arbeiten nur mit lizenzierten Spielervermittlern oder mit Anwälten zusammen», sagt Axel Thoma, Sportchef des Grasshopper Club Zürich. Er hofft, dass der Markt die neue Situation regeln wird. Ähnlich sieht es der FC Basel, doch besonders die Anfangszeit könnte turbulent werden. «Wir rechnen schon damit, dass in einer ersten Phase noch mehr Vermittler in den Markt drängen», sagt Sprecherin Andrea Roth.
In Deutschland ist die Situation noch angespannter. Vereine und Vermittler befürchten ein heilloses Chaos und eine regelrechte Schwemme von neuen Vermittlern, die über die Fussballprofis herfallen. So weit dürfte es in der Schweiz allerdings nicht kommen. Eine Hürde bleibt nämlich bestehen: Das Staatssekretariat für Wirtschaft stellt Anforderungen an private Personalvermittler. Darunter fallen auch Fussballagenten. Sie müssen zum Beispiel einen guten Leumund aufweisen.
Allerdings sind diese Anforderungen nicht mit jenen der Fifa vergleichbar, weil sie die Fussball-Regularien nicht explizit berücksichtigen. Die Fifa stellt sich auf den Standpunkt, mit den neuen Regeln mehr Transparenz zu schaffen. Neben dem Agenten-Register werden Berater ihre Provisionen enthüllen. Sie müssen den mit dem Spieler oder Klub geschlossenen Vertrag beim nationalen Verband hinterlegen. Ende Jahr wird dann der Gesamtbeitrag aller Vergütungen öffentlich gemacht. Im Spitzenfussball sind das Millionenbeträge.
Umstritten ist die Agentenbranche schon länger. «Die modernen Menschenhändler», titeln deutsche Zeitungen gerne. Sie reissen sich um die besten Spieler und wollen sie bei den besten Vereinen unterbringen. Teilweise liegen sie mit den Klubs öffentlich im Clinch.
An Transfers verdienen Agenten zwar offiziell nichts. Sie erhalten aber einen Anteil am Lohn des Spielers. Jorge Mendes, Berater von Cristiano Ronaldo, verdient dank seines Schützlings Millionen. In der Schweiz ist das anders. Nur die wenigsten können von ihrer Tätigkeit als Vermittler leben. Doch die Aussicht auf Millionen bleibt verlockend: Weltweit sind fast 7000 Spieleragenten eingetragen.
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