ITALIENS INDUSTRIE STÜTZEN

Im Tessin gewinnt eine Offensiv-Strategie an Gewicht: Schweizer Banken sollen norditalienische Konzerne mit 200 Millionen versorgen – und so Rom unter Druck setzen.

SaW Redaktion
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VON OTHMAR VON MATT
Das 15-minütige Telefongespräch kam unverhofft zustande. «Ich rief Giancarlo Gorgetti an, den Lega-Nord-Parlamentarier und Präsidenten der Finanzkommission», erzählt der Tessiner Lega-Grossrat Norman Gobbi. «Dieser sass mit Lega-Reformminister Umberto Bossi zusammen – und mit Giulio Tremonti.» Kurz entschlossen sagte Gorgetti zu Tremonti: «Das ist für dich.» Und gab den Telefonhörer an den Finanzminister weiter.
Tremonti erzählte dem erst 32-jährigen Gobbi, der ab 1. Januar Attilio Bignasca im Nationalrat ersetzen wird, Interessantes. Er betonte, «er wolle nicht die Schweiz demontieren», protokolliert Gobbi. «Es gehe ihm um die Rahmenbedingungen. Italien wolle im Doppelbesteuerungsabkommen mit der Schweiz nicht weniger erhalten als Frankreich. Ihn interessiere, dass er jedes Jahr wisse, wi eviel Geld er von der Schweiz erhalte.»
Dass Tremonti dasselbe Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) mit der Schweiz verlangt wie Frankreich, verwundert nicht. Frankreich hat in seinem DBA eine Ausnahmeregelung erreicht: Im Gegensatz zu anderen Staaten muss es für Amtshilfegesuche zwar den Namen des Steuerverdächtigen liefern, aber nicht unbedingt den Namen der Bank.
Für Gobbi beweisen diese Aussagen eines: «Es geht Italien gar nicht um Informationen, sondern nur um Geld», glaubt er. «Tremonti will wissen, wie viel Geld der Schweizer Finanzminister Merz nach Italien überweist.» Die Tessiner Lega sieht deshalb den Hebel in einer Offensiv-Strategie: Die Zusammenarbeit mit den fünf norditalienischen Provinzen muss verstärkt werden. «Die Schweiz hat einen sehr starken Finanzplatz, Norditalien eine sehr starke Industrie», so Gobbi. «Sie benötigt aber Kapital und ist bereit, mit uns zusammenzuarbeiten. Eine solche Zusammenarbeit wäre auch ein starkes positives Signal nach Rom.»
Gobbi denkt an 200 Millionen Franken pro Jahr, die nach Norditalien fliessen sollten. «Das wäre ideal.» Das grösste Problem für die Schweizer Seite sei das Risiko. «Deshalb müsste der Schweizer Finanzplatz Garantien haben. Beteiligen sich die Nachbarprovinzen, wird das Risiko kleiner.» Die Lega habe diese Idee schon im Frühling lanciert. «Inzwischen interessieren sich auch der Kanton, die Dachverbände und die Banken dafür», sagt Gobbi. Was Lino Ramelli indirekt bestätigt. Persönlich könne er sich das vorstellen, sagt der Direktor der Tessiner Steuerverwaltung.
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