Niederbipp/Oberbipp
FDP-Gemeindepräsident Cordari spricht am Tag der Arbeit als Gastredner

Manfred Cordari war überrascht, als er von der SP Niederbipp und Oberbipp als 1.Mai-Redner angefragt wurde. Denn der Gemeindepräsident von Niederbipp ist Mitglied der FDP und der 1. Mai als Tag der Arbeit klassisch von Gewerkschaften sowie der Sozialdemokratischen Partei geprägt.

Andrea Marthaler
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Der Niederbipper Gemeindepräsident , Manfred Cordari (FDP), wappnet sich für die Rede im SP-Lager.

Der Niederbipper Gemeindepräsident , Manfred Cordari (FDP), wappnet sich für die Rede im SP-Lager.

Andrea Marthaler

«Zum 1. Mai habe ich mir zuvor nie Gedanken gemacht. Wie der Tag schon sagt, habe ich dann immer gearbeitet», scherzt Cordari. Schliesslich ist dieser Tag im Kanton Bern ja auch kein Feiertag. «Am 2. Mai habe ich dann jeweils die Schlagzeilen gelesen. ‹Wir fordern..›, war in den letzten Jahren jeweils zu vernehmen.»

«Richten uns nicht nach Langenthal, sondern nach Solothurn aus»

In diesem Jahr ist es also an Manfred Cordari, zu fordern. Sein Hauptthema werde der «Sonderfall Bipperamt» sein. «Obwohl wir im Verwaltungskreis Oberaargau sind, richten wir uns nicht nach Langenthal, sondern nach Solothurn aus.» Als solche Randregion gehe das Bipperamt gerne einmal vergessen, zumal viele Anliegen über die Kantonsgrenzen hinweg geregelt werden müssten.

In der Region vermisst Cordari insbesondere Arbeitsplätze für qualifizierte Facharbeiter, aber auch Ausbildungsplätze für ebendiese. Als selbstständiger Unternehmer im Computerbereich und aus Gesprächen mit Geschäftsführern zahlreicher Firmen habe er diese Problematik immer wieder herausgehört.

Erstmals ein Nicht-SP-Vertreter

Diese etwas andere Sicht auf die Gemeinde und die Region war es, was die SP Oberbipp und Niederbipp dazu bewogen hatte, den FDP-Gemeindepräsidenten an die 1.Mai-Feier einzuladen. «In den letzten Jahren hatten wir immer SP-Vertreter aus umliegenden Gemeinden», sagt Daniel Gnägi, Gemeinderat und Co-Präsident der SP Niederbipp.

Vor zwei Jahren sprach auch eine SP Gemeinderätin aus Oberbipp. «Nachdem wir oft über die Gemeindegrenzen hinausgeschaut hatten, wollten wir nun einmal über die Parteiengrenze hinweg blicken und haben unseren eigenen Gemeindepräsidenten eingeladen.» Er erhoffe sich beispielsweise eine neue Sicht auf die Frage, wie Niederbipp in Zukunft aussehen wird.

Kritisch gegenüber der SP-Politik

Cordari wird sich in seiner Rede aber nicht nur mit den beiden Gemeinden und dem Bipperamt auseinander setzen, sondern auch mit der SP und deren Politik. Und da kommt die Partei nicht immer gut weg. «Ich frage mich beispielsweise, wie nahe Gewerkschaften und die SP an ihrer Basis politisieren.

Das sind doch mehrheitlich Technokraten und Juristen.» Gegen die Gefahr des starken Frankens für die kleinen Geschäfte und die einfachen Arbeitnehmer unternähmen sie zu wenig. Auch mehr Lohn könne man nicht einfach fordern, die Margen seien vielerorts schon sehr klein. Auch bei den Öffnungszeiten ist Cordari anderer Meinung als die Linken. Da müsse jede Branche für sich entscheiden, solange die Arbeitsverträge eingehalten werden.

Muss sich Cordari angesichts solcher Äusserungen gegen Buhrufe und faule Eier wappnen? «Ich denke, eine 1. Mai-Rede soll kritisch sein. Zudem vertrete ich zwar liberales Gedankengut, bin aber kein sturer Kopf, sondern kompromissbereit.» Dass keine Tomaten oder anderes geworfen wird, betont auch Daniel Gnägi: «Für uns ist es wichtig, eine andere Sicht zu sehen. Wir sind offen.» Und spätestens beim geselligen Teil an den Festbänken wird die Parteizugehörigkeit sowieso unwichtig.