Der ehemalige Zugführer Siegfried Egli ist mächtig stolz auf seine Enkelin Martina, welche die «Mirage» gerettet hat
«Als ich erstmals von Martinas Idee hörte, war ich eher skeptisch», gesteht Siegfried Egli ein. Denn was seine Enkelin da vor fünf Jahren im Schilde führte, schien dem langjährigen Zugführer der Vereinigten Huttwil-Bahnen (VHB) aus Huttwil sehr gewagt. Die damals 18-Jährige hatte damals nur den Zug im Kopf, der in Sichtweite ihres Elternhauses in Ufhusen auf dem Abstellgeleise in Hüswil stand. Und den Bescheid der Oensingen-Balsthal-Bahn in den Ohren: Dieser sollte verschrottet werden, und für einen Franken könne sie ihn haben.
«Cool, sagte ich mir», erinnert sich Martina Egli. Sie sah ihren Traum damit bereits in greifbare Nähe gerückt: Der Zug sollte wieder fahren. «Ich jedoch wusste, was das kostet», sagt der Grossvater. Einen grossen Teil seines Berufslebens hatte er auf den Mirage-Pendelzügen verbracht: Von Mitte der 1960er Jahre bis zu seiner Pensionierung 1997.Was es kostet, den bereits arg lädierten Zug wieder fahrtüchtig zu machen, merkte mit der Zeit auch Martina Egli: 250000 Franken. «Damals wollte auch ich aufgeben.» Doch die Meldung, dass eine 18-jährige Gymnasiastin einen Zug retten will, hatte bereits in verschiedenen Zeitungen und Zeitschriften Niederschlag gefunden. Dort lasen auch Mitarbeiter der Südostbahn (SOB) davon. Sie meldeten sich bei Martina Egli: Auch sie hätten eine Mirage-Komposition, die demnächst ausrangiert und verschrottet werden sollte. Allerdings sei diese in einem relativ guten Zustand. Trotzdem war auch sie theoretisch für einen Franken zu haben. Also pilgerte Martina Egli mit ihrem Vater ins SOB-Depot nach Samstagern bei Richterswil.
Verein, Sponsoren und Gönner
Dort konnten sie sich mit der SOB darauf einigen, dass sie die Komposition mit der eingebauten Zugsicherungs-Ausrüstung übernehmen konnten. «Dafür sollten wir 50000 Franken bezahlen.» Das war nun ein realistischeres Ziel, das mit einer Vereinsgründung, vielen Sponsoren und Gönnern auch erreicht wurde. Der Vater übernahm das Präsidium. Neben Familie Egli machen auch viele ehemalige und aktive Eisenbahner mit. «Sie bringen viel Wissen rund um die Komposition ein», erklärt Martina Egli. Anfänglich begleitete sie «ihren» Zug auf den Fahrten noch als Billettkontrolleurin. Inzwischen ist sie Lokomotivführerin. Nach einem halbtägigen Fahrzeugkurs darf sie auch den Mirage-Pendelzug selbst fahren.
«Es war richtig cool», beschreibt sie ihre Gefühlslage bei der ersten Fahrt. «Sie war ganz kribbelig», ergänzt der Grossvater. Sie schwärmt: «In diesem Zug spürt und sieht man noch, was man macht.» Während sich im heutigen Führerstand die Arbeit des Lokomotivführers salopp gesagt auf ein «Hebeli» für das Beschleunigen und Bremsen sowie einen Knopf für das Öffnen und Schliessen der Türen beschränke, habe es in der Mirage noch ein richtiges Geschwindigkeits-Handrad, dazu eine Stufenschaltung sowie pneumatische und elektrische Bremsen. Hinzu komme, dass der Verein gut funktioniere. «Die Mirage ist nicht mehr mein Zug, sondern unser Zug.» Mit den privaten und öffentlichen Fahrten kämen knapp genügend Einnahmen herein, um den Unterhalt ohne dauernden Griff in den eigenen Geldbeutel decken zu können, wenn dabei alle im Rahmen der Vereinsarbeit unbezahlt Hand anlegen.
Die nächste öffentliche Fahrt findet am kommenden Sonntag statt. Mit Martina Egli im Führerstand (siehe Fussnote). Mit dabei ist auch Grossvater Siegfried Egli, der inzwischen mächtig stolz ist auf seine Enkelin, die den Mirage-Pendelzug gerettet hat: «Sie hat das gut gemacht.»
Die Fahrten 2012: Sonntag, 20. Mai, Frühlingsfahrt in den Tierpark Goldau. Sonntag, 16. September 2012, Herbstfahrt in den Jura. Samstag, 1. Dezember Winterfahrt zum Weihnachtsmarkt in Einsiedeln.