Der neue Weiden-Lehrpfad an der Langeten wurde am Samstag eingeweiht. Noch sind die Weiden am neuen Weidenlehrpfad in Huttwil klein und unscheinbar. Doch wenn Rita Jakob eine Besuchergruppe entlang der Langeten zu den zarten Stecklingen führt, wird lebendig, was hier am Entstehen ist.
Rita Jakob spricht von der Purpurweide, deren Ruten sich fast wie Schnüre flechten lassen und deshalb bei den Korbern sehr begehrt sind. Oder von den Bruch-, respektive Krachweiden, die leicht brechen und dabei krachen und sich mit den abbrechenden Stücken entlang des Gewässers schnell ausbreiten und vermehren.
Möglichst viele ursprüngliche und reine Weidepflanzen zu kultivieren, ist jedoch nur ein Zweck des Weidenlehrpfades. Doch das ist gar nicht so einfach. Denn Weiden sind zweihäusige Pflanzen. Die einen tragen männliche Blüten (die beliebten Weidenkätzchen), die andern die (unscheinbareren) weiblichen. Durch die Bestäubung entstehen so immer wieder neue Mischlinge. Will man die verschiedenen Arten mit ihren unterschiedlichen Eigenschaften rein erhalten, muss man sie durch Stecklinge vermehren.
Das haben Rita und ihr Mann Christoph Jakob vor. Sie holten an der Universität Bayreuth wissenschaftlich bestimmte Stecklinge, zogen sie an und pflanzten sie am Langetenufer. In Zukunft wollen sie diese von Huttwil aus eben so artenrein weitergegeben. Abnehmer können Bauunternehmen und Gemeinwesen für Bachverbauungen sein, aber auch Betreiber von Spielplätzen.
Formen durch Schnitt
Am Pfad sollen aber nicht nur die verschiedenen Weidenarten gezeigt werden, sondern auch, was der Mensch durch den Schnitt aus ihnen machen kann. Rita Jakob unterliess denn auch nicht den Hinweis auf einen Steckling, aus dem sie dereinst eine der eindrücklichen Knopfweiden schneiden will. Beispiele von Weidenbauten stehen dank dem Verein Weidenpavillon gleich an der Fortsetzung des Lehrpfades auf der Ribimatte. Der grosse Pavillon hinter dem Kulturzentrum Salze diente bei der Einweihung als Schattenspender.
Grosses Interesse am neuen Lehrpfad zeigen jedoch auch die Imker und Bienenfreunde. Sie sehen in ihm eine praktische Umsetzung einer Motion von alt Grossrat Josef Jenny (EVP, Oberburg) für eine kantonale Bienenstrategie. Und zwar, was den Teil über die Förderung der Bienenweide betrifft –wobei Weide hier nicht nur die Pflanze meint, sondern überall, wo die Bienen ihre Nahrung finden. Denn eine Vielfalt von Weidensorten verlängert auch die Saison, in der die Honigbienen Blütenpollen finden, von den ersten Frühlingstagen bis weit in den Sommer hinein.
Entsprechend zahlreich waren die Bienenfreunde an der Einweihung vertreten: Neben Ruedi Ritter, Leiter der Fachstelle Bienen am Inforama des Kantons Bern, richtete auch Walter Lehmann, Präsident der Trachselwalder Bienenfreunde, das Wort an die Gäste. Sie dankten dem Ehepaar Jakob für ihre «Knochenarbeit» zugunsten der natürlichen Vielfalt und der Bienen – und damit der Umsetzung der kantonalen Bienenstrategie.
Erfreut über den Lehrpfad zeigte sich auch Gemeinderat Adrian Wüthrich (SP) namens des Gemeinderates von Huttwil. Er passe hervorragend ins Angebot für den sanften Tourismus in der Region und schaffe zum Beispiel für die Flyer-Touren der Firma Biketec eine neue Attraktion. Wüthrich erinnerte auch daran, dass Huttwil 2013 aus Anlass des 700-jährigen Bestehens seines Stadtrechts ein besonderes Augenmerk auf sein altes Marktrecht richten will. «Vielleicht ergibt sich aus den Erzeugnissen von Bienen und Korberei ein Impuls für einen weiteren Huttwiler Themenmarkt.»
Korben und Zeichnen
Wüthrich und Jenny war es dann vorbehalten, das obligate rote Band am Eingang des Pfades zu durchschneiden. Stände rund um den Weidenpavillon zeigten zudem die vielen Einsatzmöglichkeiten der Weide: Aus den Ruten lassen sich nicht nur Körbe flechten, sondern auch erstklassige Zeichenkohlen herstellen, aus den Gerbstoffen der Rinde Farben. Salizin, ein weiterer Stoff der Rinde, wirkt schmerzlindernd und kann sowohl zu Tee wie auch zu Salben verarbeitet werden. Viele Interessierte liessen sich am Samstag von diesen Ständen anlocken und nutzten die Gelegenheit, sich aus erster Hand zu informieren.
Vorläufig wurde das Gittertor zum Lehrpfad nach der Einweihung wieder geschlossen. Denn der Pfad gehört zu einer Überbauung, die auf dem ehemaligen Meer-Areal geplant wird. Erst wenn diese in frühestens zwei Jahren gebaut ist, wird der Pfad den Spazierweg entlang der Langeten bis zur Brauibrücke fortsetzen. Bis dann haben die Weidenstecklinge Zeit, so heranzuwachsen, wie sie gegenwärtig erst in den Erzählungen von Rita Jakob lebendig werden.