Amtsgeheimnisverletzung
Die alles entscheidende Vorfrage im Fall Iris Ritzmann

Hat Ritzmann das Amtsgeheimnis mehrfach verletzt, als sie 2012 einem Journalisten des «Tages-Anzeigers» heikle Informationen über ihren damaligen Arbeitskollegen und SVP-Nationalrat Christoph Mörgeli am Medizinhistorischen Institut Zürich weitergab?

Thomas Schraner
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Iris Ritzmann steht am Freitag 28. November 2014 in der Affäre Mörgeli vor Gericht.

Iris Ritzmann steht am Freitag 28. November 2014 in der Affäre Mörgeli vor Gericht.

Keystone

Mit dieser Frage beschäftigt sich seit Freitagmorgen das Bezirksgericht Zürich. Zu einem Urteil ist es bis jetzt nicht gekommen, und es ist eher unwahrscheinlich, dass es noch dazu kommt. Denn zuerst muss das Gericht eine entscheidende Vorfrage klären: die Frage nämlich, ob eine von der Staatsanwaltschaft anlässlich einer Hausdurchsuchung beschlagnahmte CD mit Daten überhaupt als Beweismittel zulässig ist.

Staatsanwalt Andrej Gnehm, Mitglied der SVP, bejaht diese Frage. Ritzmanns Verteidiger hingegen, Adrian Klemm, verneint sie. Das Gericht unter der Leitung von Ruth Bantli hat in Aussicht gestellt, am frühen Nachmittag diese Vorfrage zu entscheiden. Vom Ergebnis hängt der Verlauf des gesamten Prozesses ab. Dürfen die Daten der CD nicht verwendet werden, fällt die Anklage zumindest zu einem grossen Teil in sich zusammen. Dies räumte sogar der Staatsanwalt am Rande des Prozesses ein.

Das Problem der Verwendbarkeit der CD-Daten stellt sich seit einem Bundesgerichtsentscheid vom August 2014. Dabei geht es um Informationen zwischen der «Weltwoche» und SVP-Vordenker Christoph Blocher zum Fall Hildebrand. Die Lausanner Richter entschieden, dass der Quellenschutz nicht nur für Journalisten gilt. Im Fall Ritzmann würde das - so die Lesart der Verteidigung - heissen, dass die Informationen auf der CD nicht vom Staatsanwalt verwendet werden dürfen. Das könne das Bundesgericht unmöglich gemeint haben, argumentierte Staatsanwalt Gnehm. Denn das hiesse, «dass Amtsgeheimnisverletzungen überhaupt nicht mehr verfolgt werden können».

Im Weiteren ging es am Freitagmorgen auch um die Frage, ob es angemessen war, dass die Universität der Staatsanwaltschaft sogenannte Randdaten herausgab. Sie gaben darüber Auskunft, wer in einer bestimmten Zeitspanne mit wem telefonierte oder E-Mail-Verkehr hatte. Kritiker nennen diese Methode Rasterfahndung. Erst durch diese Aktion kam Iris Ritzmann, damals freie Mitarbeiterin am Medizinhistorischen Institut, ins Visier der Staatsanwaltschaft und wurde von der Uni in der Folge entlassen, was zu einem Proteststurm bei den Professoren führte, in dessen Gefolge der damalige Rektor zurücktrat. Staatsanwalt Gnehm stellte sich auf den Standpunkt, die Uni habe die Daten freiwillig herausgegeben, weil sie selber an der Aufklärung des Sachverhaltes interessiert gewesen sei. Es habe sich keineswegs um eine Rasterfahndung gehandelt. Nur Randdaten seien ersichtlich gewesen, keine Inhalte. «Das war so was von verhältnismässig - das Gegenteil von Rasterfahndung», sagte Gnehm.

Verteidiger Klemm sieht das naturgemäss anders: Die auch vom Zürcher Datenschutzbeauftragten kritisierte Herausgabe der Daten sei nicht rechtmässig, weil sie ohne jeglichen begründeten Anfangsverdacht erfolgt sei. Zudem stimme es nicht, dass die Uni die Daten freiwillig herausgegeben habe. «Die Staatsanwaltschaft setzte ziemlichen Druck auf», sagte Klemm. Unter anderem habe sie mit Kostenfolgen für die Uni gedroht. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass der Fall Ritzmann ans Bundesgericht weiter gezogen werden dürfte.