Lohnexzess im Stammhaus von UPC: Liberty-Global-Chef Michael Fries streicht in zwei Jahren 160 Millionen Franken ein.
Michael T. Fries, der Konzernchef des britisch-amerikanischen Kabelnetzbetreibers Liberty Global, zu dessen Imperium die Schweizer UPC (ehemals Cablecom) gehört, garnierte in den letzten zwei Jahren das sagenhafte Gehalt von 160 Millionen Dollar. Allein im Jahr 2014 waren es 131 Millionen. 2015 liess Fries sich 29 Millionen Dollar auszahlen. Der US-Amerikaner ist damit einer der bestbezahlten Angestellten der Welt. Mit seinem 2014er-Lohn katapultierte er sich auf Platz eins der US-amerikanischen Topliste. Trotz unterdurchschnittlicher Börsenperformance 2015 dürfte sich Fries mit einem Gehalt von knapp 30 Millionen wieder in die Top 10 der höchstentlöhnten Manager der USA einreihen.
Die Chefs von Schweizer Unternehmen, die innerhalb Europas regelmässig zu den höchstbezahlten zählen, schauen im Vergleich zu dem amerikanischen Manager wie Chorknaben aus. CS-Chef Tidjane Thiam sicherte sich mit seinen 18,9 Millionen Franken Platz eins der Managerlohn-Hitparade. Weniger verdienten Sergio Ermotti (14,3 Millionen), Severin Schwan (11,9 Millionen) und Joe Jimenez (11,6 Millionen).
Der 52-jährige Fries bewegt sich in ganz anderen Sphären. Er würde sogar Daniel Vasella und Marcel Ospel locker in den Schatten stellen. Die beiden geniessen in der Schweiz auch Jahre nach ihrem Abgang den Status der «Oberabzocker». Es waren nicht zuletzt ihre zweistelligen Millionengehälter, die den Kleinunternehmer Thomas Minder aus Schaffhausen dazu motiviert hatten, die «Volksinitiative gegen die Abzockerei» zu lancieren. Seit der Minder-Vorlage müssen die Salärpakete durch die Generalversammlung legitimiert werden. Die Wirkung des neuen Gesetzesrahmens ist allerdings dürftig. Die Bezüge der Manager haben sich seit Einführung der neuen Gesetze nicht vermindert.
Auch in den USA gibt es Abstimmungen über die Managerlöhne. Die horrenden Bezüge bei Liberty Global stossen dabei auf grossen Widerstand. An der Generalversammlung im letzten Jahr stimmten 47 Prozent der Aktionäre gegen den Entschädigungsbericht. Ein derart hoher Wert ist überraschend, da Liberty Global faktisch von Grossaktionär John Malone kontrolliert wird. Der Milliardär und Präsident von Liberty Global kontrolliert 24 Prozent an der Gesellschaft und dürfte logischerweise für die Millionengehälter gestimmt haben. Fries, der durch seine üppigen Bonusprogramme reichlich mit Aktien belohnt wird, kommt inzwischen auf 2,1 Prozent Stimmanteile.
Spezieller Management-Vertrag
Die Gesellschaft mit rechtlichem Sitz in Grossbritannien ist an der New Yorker Börse gelistet. Die US-Börsenaufsicht SEC zwingt die kotierten Firmen zu grosser Transparenz. Allein der Bericht zur sogenannten Corporate Governance von Liberty Global umfasst rund 100 Seiten – er liest sich wie ein Manifest der Schamlosigkeit.
Zu einem grossen Teil drehen sich die Ausführungen um die Entschädigung von Michael Fries (siehe Ausrisse). Der Manager ist nicht nur einfach der mit Abstand bestbezahlte Manager des Konzerns, er besitzt als einziges Geschäftsleitungsmitglied einen speziellen Management-Vertrag. Das sogenannte «Fries Agreement», das 2014 abgeschlossen wurde und bis 2019 gültig ist und dann automatisch verlängert wird, sei im «besten Interesse der Firma», heisst im Bericht. Das Agreement «anerkenne die ausserordentliche Leistung und den Erfolg der Firma unter seiner Führung». Fries, der seit 30 Jahren im Kabelnetzgewerbe arbeitet, soll damit langfristig an die Firma gebunden werden. Der Vertrag war für Fries schon bei der Unterzeichnung lukrativ: Mit seiner Unterschrift erhielt er einen Bonus von 5 Millionen Franken.
205 Millionen bei Entlassung
Die Modalitäten sichern dem Manager einen jährlich steigenden Grundlohn und Bonuszahlungen zu. Er erhält zudem hohe Zahlungen für den Fall, dass er aus dem Unternehmen scheidet. Wird Fries ohne Grund entlassen, erhält er insgesamt 205 Millionen Dollar gutgeschrieben. Auch für den Fall, dass er arbeitsunfähig wird oder gar stirbt, hat sich Fries abgesichert. Er, beziehungsweise seine Erben erhalten 125 Millionen Dollar.
Diese «Parachutes» (Fallschirme) kommen auch dann zum Tragen, wenn Liberty Global übernommen werden sollte. Kommt es so weit, klingelt die Kasse und Fries bekommt 217 Millionen Franken in die Hand. Selbst für den Fall, dass er vom neuen Besitzer weiterbeschäftigt werden sollte, erhält er 61 Millionen.
Über das rein Finanzielle hinaus geniesst der Manager weitere Privilegien. So steht ihn ein firmeneigener Jet nicht nur für Geschäftsreisen zur Verfügung, sondern während insgesamt 120 Stunden pro Jahr auch für private Trips. Fries lebt mit Frau und zwei Töchtern in Denver, Colorado, wo sich auch der operative Hauptsitz der Firma befindet. Laut dem Entschädigungsbericht entstanden durch private Flüge Kosten in der Höhe von 368 000 Dollar.
Das Vertragswerk, das noch viele weitere Details enthält, wurde über Monate verhandelt. Es versteht sich fast von selbst, dass Fries seine persönlichen Berater nicht selbst bezahlen musste. Die Kosten von exakt 300 029 Dollar übernahm die Firma.
Grösster Kabelnetzbetreiber weltweit
Liberty Global gilt mit 27 Millionen Kunden als weltweit grösster Kabelnetzbetreiber. Das Unternehmen, das noch vor wenigen Jahren kleiner als die Swisscom war, macht mittlerweile einen Umsatz von 18 Milliarden Dollar.
In der Schweiz ist das Unternehmen seit 2005 aktiv, als es für 2,8 Milliarden Franken die damalige Cablecom übernahm. Heute nennt sich die Firma UPC und ist mit 1,4 Millionen Kunden der grösste Kabelnetzbetreiber der Schweiz. Ein Firmensprecher in Zürich wollte sich nicht zum Gehalt von Fries äussern. Ebenfalls gab er keine Auskunft darüber, wie viel UPC-Chef Eric Tveter verdient. Für ihn besteht keine Pflicht zur Lohntransparenz.
Und ja, auch die Leistungen der Schweizer Operationen fliessen in den Bonus von Fries ein. So bestand eine Zielvorgabe darin, in der Schweiz ein 4G-Mobilangebot einzuführen. Das hat der Manager geschafft. Im September 2015 war das Netz bereit. Eine grossartige Anstrengung dürfte dies allerdings nicht gewesen sein, denn die UPC nutzt das Netz von Salt. Die Marktanteilsverluste gegenüber Swisscom hingegen flossen nicht in die Berechnung des Millionenbonus ein.
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