Cosimo und Esther Martignano aus Gutenburg geben ihren Fischhandel auf. Am 27. Dezember sind sie zum letzten Mal mit ihrem Verkaufwagen auf dem Langenthaler Markt anzutreffen, am 31. Dezember sagen sie ihrer Kundschaft in Solothurn Adieu.
Ende Jahr geht eine Ära zu Ende: Cosimo und Esther Martignano aus Gutenburg geben ihren Fischhandel auf. Am 27. Dezember sind sie zum letzten Mal mit ihrem Verkaufwagen auf dem Langenthaler Markt anzutreffen, am 31. Dezember sagen sie ihrer Kundschaft in Solothurn Adieu. Erst im letzten Moment konnten sie mit Heribert Grossrieder und seiner Gustofino AG aus Laupen einen Nachfolger finden.
«Ich freue mich sehr auf den Ruhestand», sagt Esther Martignano und strahlt. «Endlich nicht mehr morgens um Viertel nach fünf aufstehen.» Etwas weniger enthusiastisch sieht ihr Mann Cosimo der Zukunft entgegen. «Es geht wieder ein Lebensabschnitt vorbei», sagt er nachdenklich. Auf eines freuen sich beide: Sich mehr dem Garten widmen zukönnen. Auf rund sechs Aren auf dem Areal des Restaurants Bad Gutenburg pflanzen sie Gemüse und Beeren an. «Solche Kartoffeln kann ich derzeit ernten», sagt Cosimo Martignano und zeigt eine etwa 14 Zentimeter grosse Knolle.
«Wir sind schon am Räumen»
Die Kartoffeln liegen in einem Gefäss im Parterre ihres gemieteten Hauses an der Landstrasse zwischen Lotzwil und Madiswil. Daneben steht ein Topf mit Nüsslersalat, der darauf wartet, gerüstet zu werden. Nur ein paar Schritte weiter steht ein Waschkorb voller alter Bücher. Esther Martignano nimmt eines heraus. «Wir sind bereits am Räumen. Vielleicht verschenke ich die Bücher - oder ich lese sie mal wieder», sagt die 63-Jährige.
Vieles im Haus muss weggegeben oder entsorgt werden. Denn mit dem Ende des Fischhandels läuft auch der Mietvertrag aus. Das Ehepaar zieht in eine Wohnung in Oeschenbach. Dem Oberaargau bleiben sie somit treu.
Dort hat auch alles angefangen. Der Italiener aus Apulien, der als 15-Jähriger seinem Bruder in die Schweiz gefolgt war, und die in Ursenbach aufgewachsene Schweizerin führten nach verschiedenen Stationen das «Roggengratbad» in Wyssachen, das Restaurant Löwen in Walterswil und zum Schluss das «Bad Gutenburg» in der Gemeinde Lotzwil. Bereits im «Löwen» führten sie die Fischwochen ein.
«Wir boten etwa 20 verschiedene Fischgerichte an», erzählt Esther Martignano. «Damit hatten wir einen so grossen Erfolg, dass wir auf jährlich vier Wochen ausdehnten. Zuletzt verkauften wir während dieser Zeit rund 1200 Portionen.» Von überall her seien die Fischliebhaber gekommen, die Fischwochen im «Löie» wurden zum Geheimtipp. Noch heute sagt der gelernte Bauer und begeisterte Wirt: «Das war meine schönste Zeit.»
Marktfahrer
Die Fische für die Fischwochen kauften sie jeweils im Gourmet-Lädeli in Langenthal ein. Als die Besitzerin aufhörte, übernahm das Ehepaar Martignano das Geschäft. Eine Zeit lang führten sie das Restaurant und den Laden parallel, gaben das Wirten aber nach einem weiteren Jahr aus gesundheitlichen Gründen auf und widmeten sich ganz dem Fischhandel.
Seit dieser Zeit fahren Martignanos regelmässig mit ihrem Verkaufswagen auf die Märkte in Bolligen, Langenthal, Huttwil, Langnau und Solothurn. Neben Fisch verkaufen sie dort Gemüse aus dem eigenen Garten, fertig zubereitete Meerfrüchte, Thon- und Gemüsesalate sowie Lachsmousse und - suure Mocke.
Das Gourmet-Lädeli gibt es nicht mehr, es musste dem Neubau am Langenthaler «Affenplatz» weichen. Der Fischhandel ist aber geblieben. Heute beziehen Martignanos den Fisch bei einem Importeur aus Basel, teilweise filetiert, teilweise ganz. Lange Zeit konnten die Eltern von drei heute erwachsenen Kindern nicht vom Fischhandel alleine leben. «Nach einem Markttag, der erst um 21 Uhr zu Ende war, arbeitete ich mit einem 100-Prozent-Pensum auswärts», sagt der 66-Jährige. Etwa sieben Jahre lang, nicht auf seinem Beruf, «sondern dort, wo es Arbeit gab.»
Das war unter anderem nötig, weil der Absatz mit den Jahren von 200 Kilogramm in der Woche auf rund 100 Kilogramm zurückging. «Heute bieten die Grossverteiler ebenfalls Fisch an», nennt er den Hauptgrund. «Zudem sterben die Marktbesucher weg.»
Lösung in letzter Minute
Lange Zeit wussten Cosimo und Esther Martignano nicht, ob sie einen Nachfolger für ihr Geschäft finden. «Wir haben viel inseriert, es haben sich auch Leute gemeldet, die dann aber im letzten Moment abgesprungen sind», sagt Cosimo Martignano. Letzten Montag endlich, quasi in letzter Minute, wurden sie sich mit Heribert Grossrieder und seiner Gustofino AG aus Laupen einig (siehe Kasten oben).
Im Januar wird das Ehepaar Martignano seinen Nachfolger noch begleiten und ihn seiner Kunden vorstellen. Es freut sich auf seinen letzten Monat auf dem Markt und den Kontakt mit der Kundschaft. Und wenn es dann wirklich so weit ist, so wird sich hoffentlich auch Cosimo Martignano darüber freuen, am Morgen endlich mal ausschlafen zu können.