Ein Bio-Landwirt in Lavon GR spannt für den Kauf eines Gutes die Geldsammelplattform Wemakeit ein.
Niva heisst das Wollschwein von Biobergbauer Jürg Wirth. Es ist das zutraulichste Tier seiner kleinen Herde und lässt sich gerne hinter den Ohren streicheln. In Lavin im Unterengadin bewirtschaftet der Bauer mit seiner Familie einen biodynamischen Hof mit acht Hektaren Land. Nach den Demeter-Richtlinien produziert er Käse, Milch, Fleisch, rare Kartoffelsorten und Artischocken – die höchstgelegenen Europas. Würth würde den Betrieb gerne übernehmen, doch bislang ist er nur Teilhaber und Pächter.
Um seinen Traum zu erfüllen, fehlen ihm die nötigen Mittel. 450 000 Franken verlangt der alte Besitzer, bei dem Wirth vor 13 Jahren als «Zivi» den Sommer verbrachte. 200 000 Franken bringt er durch eigene Mittel auf, 100 000 Franken gibt ihm die Bank. Dazu kommen zinslose Darlehen von Freunden und Bekannten. 50 000 Franken will er sich über die Crowdfunding-Plattform Wemakeit besorgen.
Am Freitagnachmittag wurde sein Angebot online aufgeschaltet. Wemakeit gilt als die grösste Geldsammelplattform der Schweiz. Bis Redaktionsschluss haben acht Unterstützer insgesamt 2300 Franken zugesichert. Es stehen ihnen zehn «Belohnungen» zur Wahl: Für 50 Franken gibt es 800 Gramm Raclettekäse, für 200 Franken eine Kälbchenpatenschaft, für 1000 Franken zwei Tage «Erlebnis Lavin», samt Käserkurs, Hofführung, Apéro und Znacht im Dorfbistro, das Wirth mitbetreibt, und Übernachtung in einem Studio.
Die Sammelaktion auf Wemakeit läuft 60 Tage. Nach Ablauf der Frist muss Wirth die angestrebten 50 000 Franken erreicht haben, nur dann wird ihm das Geld überhaupt überwiesen. Die Erfolgsquote der Plattform beträgt aktuell 68 Prozent. Für Jürg Wirth ist die Teilnahme nicht gratis, insgesamt werden ihm im Erfolgsfall 10 Prozent abgezogen, 6 Prozent nimmt Wemakeit, 4 Prozent gehen für Transaktionskosten, vor allem Kreditkartengebühren, drauf.
Wemakeit startete 2012 als Crowdfunding-Plattform für «kreative Projekte». Insgesamt wurden 800 Projekte im Gesamtumfang von 6 Millionen Franken finanziert. Viele Künstler und Bands kamen so erst zu Geld, um ihre Pläne realisieren zu können.
Jetzt öffnet sich die Plattform: «Seit diesem Jahr akzeptieren wir auch Projekte aus anderen Bereichen wie Technologie, Landwirtschaft, Soziales, Umwelt und Gesellschaft», sagt Mitinitiant Johannes Gees.
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