Alle fordern Spitalschliessungen, niemand handelt

10 von 14 nationalen Parlamentariern der beiden Basel wollen, dass die Gesundheitsdirektoren die steigenden Krankheitskosten endlich bekämpfen

Leif Simonsen
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S. Leutenegger (links) und S. Frehner. Foto: Keystone

S. Leutenegger (links) und S. Frehner. Foto: Keystone

Schweiz am Wochenende

In keiner anderen Frage sind sich die Parlamentarier der beiden Basel so einig. «Sollen in der Schweiz vermehrt Spitäler geschlossen werden, um die Kosten im Gesundheitsbereich zu senken?» Diese Frage beantworten Grüne, Sozialdemokraten, Freisinnige und SVPler auf der Online-Wahlhilfe Smartvote mit «eher ja» oder «ja». 10 von 14 National- und Ständeräten aus Baselland und Basel-Stadt sind der Meinung, dass Überkapazitäten im Gesundheitswesen abgebaut werden sollen.
Es ist kein Geheimnis, dass es in der Region zu viele Spitalbetten gibt. 22 Häuser finden sich auf der Liste der Spitäler, deren Leistungen von der Grundversicherung abgedeckt sind. Unbestritten ist auch, dass die Spitäler die grössten Kostentreiber im heutigen Gesundheitswesen und hauptverantwortlich dafür sind, dass die Krankenkassenprämien jährlich um bis zu vier Prozent steigen.
Die Deutlichkeit, in der sich die Politiker aus den verschiedenen Lagern äussern, ist dennoch bemerkenswert. Selbst die Sozialdemokraten setzen sich für den Strukturwandel ein. Die Baselbieter SP-Nationalrätin Susanne Leutenegger Oberholzer findet etwa, dass die regionale Spitzenmedizin in wenigen regionalen Zentren wie Universitätsspital, Claraspital und Kantonsspital Baselland konzentriert werden sollte. «In den Kantonen Zürich und Bern wurden überflüssige Spitäler konsequent geschlossen, aus Qualitäts- und ökonomischen Gründen.» Unterstützung erhält die polarisierende Linke für einmal aus rechtsbürgerlichen Kreisen. Auch diese müssen über den eigenen Schatten springen, denn Spitalschliessungen kämen letztlich einem staatlichen Eingriff in das teilprivatisierte Spitalwesen gleich. Darüber kann der Basler SVP-Nationalrat Sebastian Frehner hinwegsehen. Er ist überzeugt: «Je grösser das Angebot, desto grösser die Mengenausweitung.» Spital- oder Abteilungsschliessungen würden in seinen Augen in der Region «unumgänglich» sein.
Selten waren sich Politiker aus dem linken und rechten Lager so einig. Und doch ist eine Lösung fern. SP-Ständerat Claude Janiak macht darauf aufmerksam, dass die kantonale Politik für diese Frage zuständig sei. Seine Kollegen aus dem Bundeshaus betonen zwar – wie beispielsweise Frehner –, dass sie «in Bern sicher aktiv werden, weil der Hauptgrund für die Kostensteigerungen die Spitäler sind». In die Pflicht nehmen die nationalen Parlamentarier allerdings in erster Linie die kantonalen Gesundheitsdirektoren.
Drei Tage brauchen Thomas Weber (BL) und Lukas Engelberger (BS), um die Medienanfrage nach geplanten Spitalschliessungen zu beantworten. Die Antwort fällt umso knapper aus: Die übergeordnete Planung der regionalen Gesundheitsversorgung laufe seit Ende Juni, bis im September 2016 lasse sich über mögliche Anpassungen der Spitallisten nichts sagen. Ein Gesundheitsexperte kommentiert die Zurückhaltung so: «Wer Spitäler schliesst, macht sich unpopulär und riskiert die Wiederwahl. Das zeigen die Beispiele in Zürich und Bern.» Dass SVPler Thomas Weber das Thema meidet, sei aber «absolut mutlos».
Mutlosigkeit wirft dem Baselbieter Gesundheitsdirektor auch die Baselbieter CVP-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter vor. Der Baselbieter Gesundheitsdirektor pflege mit der «Quersubventionierung des Kantonsspitals» eine Gesundheitspolitik, die «nicht gerade eine bürgerliche Haltung» widerspiegle. Leutenegger dürfte sich über eine verpasste Chance ärgern. Die Frage nach den Spitalschliessungen hätte man Weber «besser schon vor den Regierungswahlen gestellt», sagt sie.
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