Mountainbike
8 Etappen, 15'000 Höhenmeter: Ihre Tour de France führt durch Südafrika

Aldo Nünlist und Stephan Fröhlicher nehmen diesen Monat am grössten Etappenrennen der Welt teil: Am Cape Epic in Südafrika. Dort gilt fast 700 Kilometer und mehr als 15'000 Höhenmeter zu absolvieren.

Raphael Wermelinger
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Wenns bergab geht, übernimmt meistens Stephan Fröhlicher (vorne) die Führung, fürs Tempobolzen auf flachen Abschnitten ist Aldo Nünlist zuständig.

Wenns bergab geht, übernimmt meistens Stephan Fröhlicher (vorne) die Führung, fürs Tempobolzen auf flachen Abschnitten ist Aldo Nünlist zuständig.

zvg

Nicht über den Sport, sondern über die Musik lernten sich der Egerkinger Aldo Nünlist und Stephan Fröhlicher aus Olten kennen. Der Hobby-Posaunist Nünlist spielt seit vielen Jahren beim Ensemble Olten Brass. Zusammen mit Stephan Fröhlichers Vater, der eines Tages seinen Sohn mit zur Probe nahm. «Das muss vor etwas mehr als 15 Jahren gewesen sein», erinnert sich der 46-jährige Nünlist. «Stephan war damals noch ein ganz junger Schnaufer», scherzt der Geschäftsführer der Nünlist AG in Egerkingen.

Heute ist Stephan Fröhlicher 29 Jahre alt, freischaffender Musiker und unterrichtet Harmonielehre an der Agostini Schlagzeugschule in Olten. Im Verlauf der letzten zwölf Monate trafen sich die beiden weniger zum Musizieren, sondern mehr zum Biken. Trainieren für das Cape Epic, ein achtteiliges Etappenrennen in Südafrika, war angesagt.

Idee stammte vom Jüngeren

Stephan Fröhlicher ist schon lange fasziniert von diesem Rennen. Er verfolgte das Cape Epic in den vergangenen Jahren jeweils daheim vom Bildschirm aus mit. «Es ist die Tour de France für die Biker. Das grösste und wichtigste Etappenrennen der Welt», schwärmt er. Die Idee, die fast 700 Kilometer und mehr als 15'000 Höhenmeter selber unter die Räder zu nehmen, sei denn auch auf seinem Mist gewachsen.

Vor einem Jahr, als die Ausgabe 2016 des Cape Epic zu Ende war, machten sie Nägel mit Köpfen und meldeten sich an. «Weil wir in der Warteliste lange nur auf einem Platz um die 200 herum lagen, hatten wir uns das Ganze schon fast wieder aus dem Kopf geschlagen», so Nünlist. Aber dann flatterte die Einladung doch noch ins Haus. «Ich hatte nicht mehr damit gerechnet», sagt Fröhlicher und fügt lachend an: «Drei Stunden vor der Zusage bestellte ich mir ein neues, sündhaft teures Bike.» Weil er dachte, er könne sich die Ausgaben für das Cape Epic sparen.

Denn die Teilnahme am Rennen in Südafrika ist nicht billig: Das Startgeld beträgt pro Team 5500 Franken. «Das klingt nach sehr viel, doch da ist praktisch alles inbegriffen», stellt Nünlist klar. «Von den Übernachtungen und Transfers über die Verpflegung bis zur Massage. Sogar die Bikes werden nach jeder Etappe gewaschen.» Zusätzlich berappen musste das Duo die Flüge und die Extrawoche.

Damit genug Zeit zum Akklimatisieren bleibt, reisen sie bereits sechs Tage vor dem Rennstart an. «Alles in allem gibt jeder so um die 5000 Franken aus für den Trip», rechnet Fröhlicher zusammen. Er verlässt für das Cape Epic zum ersten Mal in seinem Leben das europäische Festland. Am meisten freue er sich darauf, nicht mit Aldo in einem Zelt schlafen zu müssen, scherzt er. «Im Ernst, das Rennen als Ganzes wird hoffentlich ein riesiges Erlebnis für uns. Darauf freue ich mich.»

Beim ersten Start disqualifiziert

Für Nünlist und Fröhlicher wird es das erste Etappenrennen sein, welches sie bestreiten. Nünlist gesteht, dass er lange Zeit überhaupt nichts mit Sport am Hut hatte. Erst als er gemerkt habe, dass er nur noch in die Breite wächst, kaufte er sich ein Bike. 2009 fuhr er sein erstes Rennen, die Eiger Bike Challenge in Grindelwald. Zu verdanken hatte er die Teilnahme einem weiteren Musikerkollegen, der regelmässig bei MTB-Marathons an den Start ging. «Während einer Probe verkündete Stephan dann plötzlich, dass er sich nun ebenfalls angemeldet habe», erinnert sich Nünlist und blickt rüber zu seinem Teamkollegen: «Er hat sich aber gleich für die lange Route eingeschrieben, ohne vorher gross trainiert zu haben. Der spinnt doch, dachten wir.» Beide überstanden die Strapazen, Fröhlicher wurde hinterher allerdings disqualifiziert. «Ich kürzte ab, ohne es zu merken. Schon im Training hatte ich mich verfahren, und am Renntag erwischte ich dann tatsächlich wieder eine falsche Abzweigung.» Der Fauxpas sei ihm aber erst auf der Heimreise beim Kontrollieren des Resultats aufgefallen.

Mittlerweile haben die beiden in der Schweiz alle grösseren Bike-Marathons abgeklappert. Das mehrtägige Etappenrennen in Südafrika ist ergo die logische nächste Herausforderung. Gemeinsam spulten sie in den letzten Monaten etliche Trainingskilometer ab. Fröhlichers alternatives Konditionstraining besteht aus Langlaufen, Nünlist dreht zusätzlich im Velodrome in Grenchen seine Runden. Beide wissen, was in Südafrika auf sie zukommt. «Die Etappen sind lang, die Strassen sehr sandig und steinig. Das wird unangenehm und doppelt so anstrengend wie auf Asphalt», so Nünlist.

Sie seien auf alles vorbereitet, ergänzt Fröhlicher: «Hitze und Staub sind sicher, aber auch mit Defekten und Unfällen müssen wir rechnen. Genug Erholung und genug Essen zu bekommen, wird ebenfalls eine Herausforderung sein.» Sie seien zwar noch nie so lange zusammen unterwegs gewesen, einen Lagerkoller fürchten sie trotzdem nicht. «Wir werden beide unsere Tiefs haben», erwartet Fröhlicher, «doch wir kennen die Macken des anderen sehr gut und können uns auf der Strecke gegenseitig gut antreiben.»

Zuerst ein paar Bier

Ein Ziel für das Cape Epic hat das Duo nicht definiert. In erster Linie wollen sie die acht Etappen überstehen. «Ein gewisses Tempo müssen wir aber schon haben», schliesst Nünlist eine Spazierfahrt aus, schliesslich werde man auch vom Langsam-Fahren müde. «Um uns für die nächsten Etappen zu schonen, müssen wir an den Bergen wohl auch mal absteigen und laufen», mutmasst er. Am 28. März, zwei Tage nach dem Ende der Tour, werden sie zurück in der Schweiz sein. Stephan Fröhlicher weiss jetzt schon, was er dann machen wird: «Ein paar Bierli trinken.» Nicht weil er auf Entzug wäre oder die Strapazen im Alkohol ertränken müsste, sondern weil er am 29. März seinen 30. Geburtstag feiert.