Seniorenrat Dietikon
In Erinnerung an den Prager Frühling 1968

Peter Heinzer
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Am 21. August 2018 jährte sich zum 50. Mal der Einmarsch der sowjetischen Truppen in die Tschechoslowakei. Grund genug, sich die damaligen Ereignisse, welche der älteren Generation noch sehr wohl in Erinnerung sind, nochmals zu vergegenwärtigen.

Im Rahmen der Vortrags-Veranstaltungen des Seniorenrates Dietikon hat ein Zeitzeuge – Dr. med. Andreas Petrin – in einem aufschlussreichen Referat einige Aspekte des Prager Frühlings und seine sehr persönlichen Erfahrungen als Emigrant dargelegt.

Die materielle Situation der Menschen in der Tschechoslowakei war vor 50 Jahren relativ gut. Die meisten Bürger lebten bescheiden, es gab jedoch keine Arbeitslosigkeit, die Kinderbetreuung und das Gesundheitssystem funktionierten – und zwar gratis. Aber im Volk tief verwurzelt war die Sehnsucht nach Freiheit und Unabhängigkeit – war die Tschechoslowakei doch zwischen dem 1. und dem 2. Weltkrieg ein demokratisches Land.

Ein Führungswechsel unter Alexander Dubcek markierte den Auftakt zu einem Reformkurs – dem Prager Frühling – und sollte in seinem Land zu einem Sozialismus mit menschlichem Antlitz führen. Den dogmatischen Kommunisten in der Sowjetunion und in weiteren kommunistischen Staaten war dieser Erneuerungsprozess suspekt. Man befürchtete, dass die Demokratisierung der kommunistischen Parteiführung aus der Hand gleiten könnte und dass die radikale Reformierung des Sozialismus mit dessen Abschaffung enden würde. Die begründeten Befürchtungen der dogmatischen Kommunisten veranlassten den Einmarsch der Truppen des Warschauer Paktes in die Tschechoslowakei und der Prager Frühling wurde zerschlagen. Dies führte zu einer Massenemigration in verschiedene westliche Länder.

Beeindruckend schilderte Andreas Petrin im 2. Teil seiner Ausführungen seinen Weg über Wien in die Schweiz. Hier fand er von 50 Jahren eine zweite Heimat und bezeichnete die tschechoslowakischen Emigranten als Paradebeispiel für eine gelungene Integration. Er gab einige beherzigenswerte Hinweise, wie diese Integration (auch heute?) gelingen kann: „ Die Schweizer haben uns mit offenen Armen empfangen und dafür waren (und sind) wir ihnen mit einem grossen Dank verpflichtet. Wir haben uns an die neuen Verhältnisse schnell angepasst und es kam uns nicht in den Sinn Forderungen zu stellen. Die Aneignung der Sprache und Übernahme der Gepflogenheiten kann als äusserliche, die Übernahme der Kultur und der Mentalität als innerliche Anpassung betrachtet werden. Das zusammen ermöglichte eine berufliche und gesellschaftliche Eingliederung, d.h. Integration."

Mit einem herzlichen Applaus verdankten die rund 30 Anwesenden die Worte des Referenten und nutzten die Gelegenheit, Fragen zu stellen.

Peter Heinzer