Help-Point Sumy
170 Tonnen Hilfsgüter fürs "Armenhaus" der Ukraine

Hilfskonvoi ist gestartet

Marcel Siegrist
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Morgen Samstag um 6 Uhr morgens startet in Wohlen AG der grösste
humanitäre Konvoi, der je aus der Schweiz in die Ukraine gefahren ist.
170 Tonnen Hilfsmaterial bringt der Verein Help-Point Sumy mit 14
Camions in die Stadt Sumy im armen Nordosten des Landes. Möglich
machen dies 36 freiwillige Fahrer, die alle ihre Kosten selber bezahlen,
das grosse Engagement der Vereinsmitglieder sowie die Unterstützung
durch Importeure, Transportunternehmer und Lastwagengaragen, die
Zugmaschinen, Auflieger oder ganze Sattelzüge zur Verfügung stellen.
2005 fing alles mit einem Tanklöschfahrzeug an, das bei der Feuerwehr Wohlen
ausgemustert wurde, und seither im ukrainischen Sumy gute Dienste leistet. "Der
Kontakt zur Stadt kam über eine persönliche Bekanntschaft zustande", erinnert sich
Marianne Piffaretti, die Präsidentin des Vereins Help-Point Sumy. Sie staunt selber,
wie stark sich die humanitäre Hilfsorganisation in den letzten Jahren entwickelt hat.
Seit fünf Jahren bringt der Verein Help-Point Sumy regelmässig Hilfsgüter nach
Sumy. "In erster Linie sind dies Spitalbetten, medizinisches Material, Ausrüstung und
Fahrzeuge für Feuerwehr und Polizei sowie Mobiliar für Schulen und Kindergärten",
erklärt Piffaretti. Beim letzten Konvoi im Herbst 2009 waren es rund 96 Tonnen, nun
werden es über 170 sein. "Wenn man sieht, wie dankbar die Menschen in Sumy die
Hilfsgüter entgegennehmen, dann wird klar, wie wertvoll dieser Einsatz ist", sagt die
Präsidentin. «Wir versuchen, die Verhältnisse in der Stadt und Region Sumy
mit unserer Hilfe schrittweise zu verbessern», erklärt sie. An der offiziellen
Verabschiedung des Konvois auf dem Wohler Schützenhausplatz heute Freitag
wünschte Sie allen 36 Chauffeuren eine gute Fahrt.
Marianne Piffaretti war im Dezember zuletzt in der Ukraine und unterzeichnete die
Verträge für den bevorstehenden Hilfskonvoi. "Gegenüber den letzten Jahren hat
sich die Situation in Sumy und in der ganzen Ukraine dramatisch verschlechtert",
berichtet sie. Aufgrund der Wirtschaftskrise sei der Staat zum Sparen gezwungen,
"deshalb wurden Mittel für neue Anschaffungen gestrichen. Ausser den Hilfsgütern,
die wir mit dem Konvoi bringen, erhalten die Spitäler, die Feuerwehr und die Schulen
in Sumy dieses Jahr nichts", sagt Piffaretti.
Umso mehr freut sich die Präsidentin, die den Konvoi an der Grenze der
Verwaltungsregion Sumy in Empfang nehmen wird, auf den Transport. "Es ist
beinahe unglaublich, wie viele Menschen sich beim Help-Point Sumy engagieren, viel
Zeit und Energie aufwenden, damit unser Konvoi zustande kommt", betont sie.
Neben den 14 LKWs gehören auch eine Ambulanz, zwei Streifenwagen (gespendet
von der Kantonspolizei Aargau) sowie ein Häftlingstransportfahrzeug (gespendet von
der Kantonspolizei St. Gallen) für die Polizei in Sumy zum Konvoi.
Auch Konvoileiter Andreas Sulser blickt dem Start zuversichtlich entgegen. "Wenn
man in die Ukraine fährt, muss man sich mit den Verhältnissen dort abfinden", sagt
er. Nach dem langen und kalten Winter erwartet Sulser insbesondere schwierige
Strassenverhältnisse. "Der ukrainische Vizepremierminister Andrij Klujew erklärte
kürzlich im Fernsehen, es gebe kaum unbeschädigte Abschnitte aufgrund massiver
Frostschäden", blickt der Konvoileiter voraus. Umso wichtiger ist für Sulser, dass er
auf ein gutes Fahrerteam und zuverlässiges Material zählen kann. "Unsere 28
freiwilligen Chauffeure sind mit ihrem Einsatz sehr wertvoll für uns", sagt der
Konvoileiter. "Sie geben zehn Tage Ferien und bezahlen die Kosten für Unterkunft
und Verpflegung selber, das ist nicht selbstverständlich", betont er.
Trotzdem sind für den bevorstehenden Konvoi beträchtliche Finanzmittel nötig. "Der
grösste Posten ist der Treibstoff, dazu kommen Kosten für Fahrzeugunterhalt,
Gebühren für Bewilligungen, Ausgaben für Übersetzungen und vieles mehr", zählt
Andreas Sulser auf. Und er ergänzt: "Ohne die grosszügige Unterstützung von
Importeuren, Transportunternehmern und Lastwagengaragen, die unserem Verein
die Zugmaschinen, Auflieger oder ganze Sattelzüge zur Verfügung stellen, wären die
Transporte gar nicht möglich." Sulser freut sich, dass der Konvoi nach monatelangen
Vorbereitungen nun startbereit ist. "Ich bin überzeugt, dass wir am Dienstagabend
pünktlich und unfallfrei in Sumy ankommen werden", blickt er voraus.
Der Wohler Einwohnerratspräsident Arsène Perroud lobte den Verein Help-Point
Sumy für das grosse Engagement. "In den letzten Jahren hat sich die Organisation
stark entwickelt, heute strahlt der Verein weit über die Gemeinde Wohlen aus", freute
sich Perroud. Mit den humanitären Konvois leiste der Help-Point Sumy einen Beitrag
zur Gerechtigkeit in der Welt, führte er aus. "In dem Güter aus der reicheren Schweiz
in die ärmere Ukraine gebracht werden, findet ein gewisser Ausgleich statt."
Oleksandr Plevako, erster Sekretär der ukrainischen Botschaft in der Schweiz, zeigte
sich überwältigt von der Grösse des aktuellen Hilfskonvois. "Help-Point Sumy ist
auch in der Ukraine vielen Menschen ein Begriff", sagte Plevako, der selber aus der
Region Sumy stammt. Und er ergänzte: "Wir freuen uns sehr, dass ein so grosser
Konvoi mit Hilfsgütern den langen Weg in die Ukraine antritt", blickte er voraus. (fhä)