Die Schweizer Nationalmannschaft überzeugt in der WM-Quali beim 0:0 gegen Italien – Jorginho scheitert mit einem Penalty an Sommer.
Es ist die grosse Frage vor dieser Affiche gegen den Europameister. Was darf von diesen Schweizern erwartet werden? Mit all den teils ärgerlichen Problemen, die sie diese Woche begleitet haben? Wobei Yakin kein Trainer ist, der Probleme sieht, sondern Lösungen. Vor allem im Mittelfeld muss der neue Nationalcoach sie gegen Italien finden und bringt Sow und Aebischer. Und er setzt im Zentrum auf Frei, den Nachnominierten, der erstmals seit 2018 wieder da ist.
Und dann gibt es diesen Abend im ausverkauften St. Jakob-Park in Basel, an dem sich eine Schweizer Mannschaft präsentiert, wie man sie nur ins Herz schliessen kann. Weil sie leidet. Weil sie alles gibt gegen diesen scheinbar übermächtigen Widersacher, wofür es nach dem Schlusspfiff viel Applaus gibt. Weil sie allen Widrigkeiten trotz und mit dem 0:0 im Rennen bleibt um den Gruppensieg in dieser Qualifikationsgruppe, der direkt an die WM führt. Und weil sie Sommer im Tor hat.
19 Minuten sind gespielt, und keine Szene verdeutlicht die anfängliche Dominanz der Italiener besser als dieser eine Konter nach dem ersten Eckball der Schweiz. Berardi rennt aus der eigenen Platzhälfte los, Locatelli hat ihn lanciert, einzig Zuber kann noch folgen, ihm bleibt aber das Nachsehen. Es kommt zum Eins gegen Eins mit Sommer – und der Schweizer Goalie bleibt Sieger gegen den italienischen Flügel. Dass Sommer in den Fokus rückt, das mag der neue Nationaltrainer nicht gern sehen, deshalb setzt er ja auf die Viererkette und auf ein eher defensives Mittelfeld. Durchatmen, aber viel Zeit bleibt nicht, und Sommer rückt mehr und mehr ins Zentrum des Geschehens, weil die Schweizer viele Fehlpässe haben und es Abstimmungsprobleme gibt.
Doch die Schweizer schaffen es, nach der ersten Druckperiode Ruhe ins Spiel zu bringen, und nach Ablauf einer halben Stunde haben sie mit einem abgefälschten Ball durch Rodriguez auch die erste Möglichkeit. Kurz darauf hat Insigne zwei Chancen, ehe Akanji mit dem Kopf die Führung knapp verpasst. Es ist die Phase, in der die Schweizer voll im Spiel angekommen sind, dagegenhalten, solidarisch agieren. Und spüren: Diese Italiener kochen auch nur mit Wasser. Einzig vor dem Pausenpfiff, da müssen sie bei einem Insigne-Freistoss fast von der Grundlinie nochmals zittern. Aber sie hat ja Sommer.
Ihn braucht es nie mehr, als Rodriguez den Ball vertändelt im eigenen Sechzehner und dazu noch zum Tackling an Berardi ansetzt. Penalty, wieder ein Eins gegen Eins, diesmal gegen Jorginho. Doch der Überflieger der EM im Schweizer Tor und zugleich wegen der leidigen Coronaabsenz Xhakas der Captain, ahnt die Ecke und hält. Und so entwickelt sich ein Spiel, das mehr und mehr von der Spannung lebt zwischen zwei Teams, bei dem vor allem die Italiener mehr von sich erwarten.
Mancini, der beliebte «Allenatore» der «Squadra Azzurra», beginnt zu wechseln, bringt Chiesa und Zaniolo, später den nicht ganz fitten Verratti. Bis dahin hat er bis auf den verletzten Spinazzola dieselbe Formation aufs Feld geschickt, die der Schweiz dieses ernüchternde, lamentable 0:3 zugeführt hat im zweiten Gruppenspiel dieses EM-Sommers. Aber auch Yakin bringt frischen Wind, der Meister der Improvisation bringt Garcia, Vargas und Zakaria und später Fassnacht und Zeqiri. Es schadet gewiss nicht, dass nur fünf Spieler der Schweizer Startformation diese kollektive Erinnerung an jenen miserablen Auftritt in Rom haben. Plötzlich hat sogar Zakaria noch zwei Chancen, doch auch Chiesa ist ein ständiger Unruheherd. Am Ende bleibt es beim 0:0, mit dem die Schweizer leben können. Wie gut, wird die Zukunft zeigen, Italien hat vier Punkte Vorsprung bei zwei mehr ausgetragenen Spielen. Weiter geht es für Yakin und Co. am Mittwoch in Belfast gegen Nordirland.