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Den FC Basel, wie man ihn kennt, gibt es nicht mehr. Intern wird bereits gewettet, wann der Knall kommt. Und wie immer geht es um Geld.
Als hätte es noch eine letzte Bestätigung benötigt, wie nahe an der Eskalation die Situation beim FC Basel ist, da droht Bernhard Burgener mit einer Klage. Dazu gebracht haben ihn zwölf Fragen der «SonntagsZeitung». Die zwölf Punkte gehen ins Detail, ja. Aber sie sind mitnichten ein Versuch, den Präsidenten des FC Basel zu diskreditieren. So aber interpretiert es der Anwalt von Burgener. Doch um was geht es?
Der Auslöser der jüngsten Unruhe ist eine Lohndebatte, welche der Klub gleich selbst befeuerte. In einem Communiqué erklärte der FC Basel, dass die Spieler nicht bereit wären, auf den Vorschlag des Vereins einzugehen. Auf 17,5 Prozent des Einkommens hätten Stocker, Frei und Co. während der Coronakrise verzichten sollen. Doch sie lehnten ab. Das Gegenangebot des Spielerrates: ein Verzicht auf 1,75 Prozent.
In Zeiten, in denen weltweit Fussballspieler auf grosse Teile ihres Lohnes verzichten – bei Bayern München auf 20 Prozent, bei Barcelona auf 70 Prozent – wirkt das Angebot der Basler Spieler wie ein Witz, so tief ist es. Via Instagram reagierte die Mannschaft auf die Kritik. Alle Spieler seien bereit, auf Teile ihres Lohns zu verzichten, «vorausgesetzt, sie wissen, wo das Geld hinfliesst und für was es verwendet wird».
Eine Forderung, die aufhorchen lässt. Unter normalen Umständen müsste davon ausgegangen werden, dass ein Lohnverzicht automatisch dem Klub zugutekommt. Tiefere Lohnausgaben gleich grössere Sparmöglichkeiten. Die Spitzenverdiener beim FCB kassieren jährlich 1,5 Millionen Franken. Die Hilfe für den Klub bei einem Lohnverzicht läge auf der Hand. Doch die Spieler zweifeln offenbar. Ihr Statement impliziert ein Misstrauen seitens der Mannschaft gegenüber der Vereinsleitung. Die Spieler befürchten offenbar, dass das Geld aus einem Lohnverzicht nicht nur dem Verein hilft.
Die «SonntagsZeitung» entwarf nun eine These, welche die Angst der Fussballer erklären würde. Es geht darin um die Chameleo AG. Eine Firma, die 2018 gegründet wurde und eine Tochterfirma von Burgeners Highlight Event and Entertainment AG ist. Laut «SonntagsZeitung» unterstützt die Firma den FC Basel bei «Prozessen und Strukturen» sowie dem «Fan-Engagement». Wie viel dem Verein dies wert ist, sei unklar. Fragen diesbezüglich, welche die Zeitung Burgener zukommen liess, führten zur Klageandrohung. Antworten blieben aus.
Wissen die Spieler mehr und haben deshalb Bedenken, wenn es um einen Lohnverzicht geht? Die Mannschaft schweigt, genau wie der Präsident. Dabei hätten auch die Spieler anders handeln können. Statt Raum für Spekulationen zu lassen, hätten sie einem höheren Lohnverzicht zustimmen und gleichzeitig Klartext sprechen können. So aber lassen sie Kritik zu, dass es ihnen ums eigene Portemonnaie gehe statt um das Wohl des FCB.
Von Harmonie ist also längst nichts mehr zu spüren in diesem einst so gut geführten Verein. Nicht wenige im und um den Klub erwarten den ganz grossen Knall. Eher früher als später. Es ist eine Situation, die man sich unter früherer Führung niemals hätte vorstellen können. Gigi Oeri möchte sich zur aktuellen Entwicklung zwar nicht äussern, doch die ehemalige Präsidentin des FC Basel hält fest: «In der aktuellen Situation müssen alle zusammenstehen und alle Abstriche machen. Das gilt nicht nur für den Fussball, sondern allgemein für das Leben.» Sicher ist: Weder unter der Führung von Oeri noch in der Ära von Bernhard Heusler und Georg Heitz wäre ein Szenario, wie es im Moment herrscht, möglich gewesen.
Wo also liegt das aktuelle Problem? FCB-nahe Kreise äussern sich gegenüber CH Media deutlich: Ohne einen kompletten Neuanfang in der Führung könne der Klub kaum gerettet werden. Es bedürfe in der
Führungsetage mehr Empathie statt Egozentrik, mehr Vertrauen statt Verunglimpfung der eigenen Mitarbeiter. Von Tränen im Arbeitsalltag ist zu hören, genau wie von Lügen da und dort. Und vor allem: von Sprunghaftigkeit beim Präsidenten. Das letztjährige Sommertheater um die Absetzung von Trainer Marcel Koller und den Rücktritt Marco Strellers ist nur ein Beispiel davon.
Bezeichnend ist auch, dass Burgener gemäss eigener Aussage im Hintergrund führen will, aber seinen wichtigsten Angestellten gleichwohl kaum Handlungsfreiheit gibt. Selbst den Kauf eines Bleistifts will
der Eigentümer absegnen. Was überspitzt klingt, ist Realität. Der Präsident will jeden Schritt kontrollieren, gewährt aber selbst kaum Einblick in seine Handlungen.
Das Tuch zwischen den Angestellten und der Vereinsleitung ist zerschnitten. Es fehlt die Bindung. Goodwill ist beidseits verloren gegangen. Erschwerend wirkt, dass niemand weiss, ob auch andere Personen in leitenden Positionen gewillt sind, auf Geld zu verzichten. Sei es CEO Roland Heri oder Sportchef Ruedi Zbinden.
Der Einzige, der öffentlich Stellung bezieht, ist Cheftrainer Marcel Koller. Gegenüber CH Media sagte er, dass es «für mich klar ist, dass man sich solche Überlegungen machen und sie diskutieren muss. Das ist selbstverständlich». Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass ausgerechnet der Mann, der erst durch Nicht-Stärkung diffamiert, dann entlassen und wieder eingestellt wurde, jetzt als Einziger den Mut hat, hinzustehen. Andererseits, so ist zu vernehmen, soll seine Amtszeit beim FCB in diesem Sommer sowieso definitiv enden.
So klar Kollers Zukunft scheint, so unklar ist jene des Klubs. Intern wetten manche schon auf ein Ablaufdatum des FCB, wie man ihn bisher kannte, von zwei Wochen. Dann wäre auch die sportliche Zukunft der Spieler gefährdet. Enge Beobachter des Vereins fürchten um den Absprung diverser grosser Sponsoren und damit ein neuerliches Millionenloch. Zudem wird die Rückzahlung der Saisonbillette – sollten die Fans diese erwartungsgemäss fordern – ebenfalls ein grosser finanzieller Posten. Und der Imageschaden, welcher der Verein mit seinem Handeln erzeugt hat, ist kaum zu beziffern.
Der FCB ist ein Pulverfass. Bei dem nur eines klar ist: Die Explosion folgt. Bald.