Oft launisch, manchmal gar zickig. Eine Einzelgängerin mit wenig Freundinnen im Schweizer Skiteam. Ein Jahrzehnttalent, dem der Erfolg in den Kopf gestiegen ist. An Lara Gut-Behrami scheiden sich seit Jahren die Geister. Für die einen ist sie ein Charakterkopf, der Ursprung jedes erfolgreichen Einzelsportlers ist. Für andere ist sie schlicht eine Athletin mit menschlichen Defiziten.
Lara Gut-Behrami hat mit polemischen Aussagen das ihre dazu beigetragen, dass sie nicht zum «Skischätzlein der Nation» taugt. Die 28-Jährige musste in den letzten Jahren zu oft auf eigenwillige Weise erklären, wieso es ihr nicht läuft. Und wenn sie darauf keine Lust hatte, liess sie kurzerhand alle links liegen.
Es war im Zielraum der Abfahrt zu spüren, dass innerhalb der Skifamilie nicht grenzenloser Jubel über die Rückkehr von Siegfahrerin Lara Gut-Behrami ausbrach. Einige Wunden sitzen eben tief. Doch ausgerechnet die Tessinerin selbst wählte selbstkritische Worte.
Keine Spur davon, es allen gezeigt zu haben. Auch nicht Genugtuung stand im Vordergrund. Lara Gut-Behrami sprach davon, dass es im Leben Wichtigeres gibt als Siege – wie auch eine Niederlage keine Katastrophe darstelle.
Sie habe ihre Zeit gebraucht, um diese Balance zu finden. Der Druck auf ihren Schultern habe dazu geführt, dass sie manchmal darunter gelitten habe. Sie habe lernen müssen, sich nicht nur von den Emotionen beeinflussen zu lassen. Heute glaube sie mit den Emotionen erwachsener umgehen zu können.
So geduldig und so selbstkritisch hat man Lara Gut-Behrami schon länger nicht mehr reden hören. Und das in der Stunde des Erfolgs. Hut ab vor ihrer Leistung, Hut ab aber auch vor der Art und Weise, wie sie mit diesem Sieg umging. Ein Gewinn auch für ihr Image.