Australian Open Halbfinal
Wie es zur deutlichen Niederlage von Roger Federer gegen Novak Djokovic kam

Roger Federer verpasst am Australian Open in Melbourne den Einzug in seinen 32. Grand-Slam-Final. Der nicht ganz fitte Schweizer verliert das Duell gegen den Rekordsieger und Titelverteidiger Novak Djokovic 6:7 (1:7), 4:6, 3:6.

Simon Häring
Drucken
6:7, 4:6 und 3:6: Roger Federer verliert den Halbfinal in Melbourne.
11 Bilder
Roger Federer im Halbfinal des Australian Open in Melbourne gegen Novak Djokovic an.
Roger Federer tut sich schwer.
Novak Djokovic ist viel beweglicher als sein Gegner.
Der Maestro hat Probleme, Federers Körpersprache ist ziemlich negativ.
Roger Federer Fans halten auch in schlechten Zeiten zu ihm.
Hat der Schweizer, der in seiner langen Karriere noch nie ein Match aufgegeben hat, etwa doch ernstere Probleme?
Djokovic jagt Federer immer wieder hin und her von einer Ecke in die andere.
Schweizer Fans sind auch im Publikum gut erkennbar.
Federer muss für seine Punkte viel härter arbeiten.
Federer verschwindet in der Kabine und wird sich wohl am angeschlagenen Oberschenkel behandeln lassen.

6:7, 4:6 und 3:6: Roger Federer verliert den Halbfinal in Melbourne.

Keystone

Tennis ist ein Spiel der Momente, und keiner beherrscht diese derzeit besser als Novak Djokovic. Und keiner musste das in der Vergangenheit öfter und schmerzhafter am eigenen Leib erfahren als Roger Federer. Drei Mal verlor er gegen den Serben ein Spiel, in dem er zwei Matchbälle hatte – 2010 und 2011 in den Halbfinals der US Open, im Vorjahr im Final von Wimbledon, in dem er in drei Tiebreaks drei Mal das Nachsehen hatte. Feuer im Bauch, Eis in den Venen, das sei das Rezept, sagte Federer einmal, als er gefragt wurde, was Sieger und Verlierer in den wichtigsten Momenten eines Spiels trennen. Damals war er der König der Momente.

Er ist es längst nicht mehr. In den Halbfinals der Australian Open führt er im ersten Satz gegen Novak Djokovic zwei Mal mit einem Break. Und beim Stand von 4:1 und Aufschlag des Serben lässt er drei Chancen in Folge ungenutzt, um auf 5:1 davonzuziehen. Es kommt, wie es kommen muss. Zwei der Besten der Geschichte finden sich im Tiebreak wieder. Und wieder ist es Novak Djokovic, der das bessere Ende für sich behält, sich mit 7:1 durchsetzt. Federer hatte zuvor nur 6 von 16 Duellen bei Grand-Slam-Turnieren gewonnen, das letzte im Wimbledon-Halbfinal 2012. Oder vor 2763 Tagen. Aber keines, nachdem er den ersten Satz verloren hatte.

Jeder Match ein Leben im Kleinen

Es gab in dieser Rivalität, die längst zum Klassiker geworden ist, schon bessere, denkwürdigere Begegnungen. Das mag sicher auch dem Umstand geschuldet sein, dass weder Djokovic noch Federer in Vollbesitz ihrer Kräfte waren. Federer hatte sich im Spiel gegen Tennys Sandgren, in dem er sieben Matchbälle abgewehrt hatte, in der Leistengegend verletzt. Djokovic klagte über Magenprobleme und Migräne. Doch Tennis war schon immer ein Spiel, das die Sprache des Lebens spricht: Vorteil, Aufschlag, Fehler, Break, Love sind seine Grundbegriffe. Und sie sind es auch in der täglichen Existenz. Jeder Match bildet ein Leben im Kleinen ab.

Die Liebe des Publikums ist auch an diesem schwülen Sommerabend einseitig verteilt. Federer, die alternde Ikone, die nicht nur Tennis spielt, sondern zu Tennis geworden ist, steht auch in der Gunst der Australier weit vor Djokovic. Eine Pause, ein Break, nimmt sich Federer nach dem Startsatz, als er sich in der Kabine behandeln lässt – um sich nach dem Nackenschlag wieder zu sammeln. Der Aufschlag ist lange die erwünschte Waffe: Acht Asse gelingen Federer alleine im ersten Satz, 12 sind es insgesamt. Und doch reicht das gegen diesen Novak Djokovic nicht. Gegen dessen Beharrlichkeit, Ausdauer und Präzision, die unerreicht sind.

Federer ohne Breakchance in den Sätzen zwei und drei

Und immer wieder ist Djokovic: der Mann der Momente. Im zweiten Satz gibt es nur ein Break. Beim Stand von 4:5 und Aufschlag Federer nutzt der Serbe seine vierte Möglichkeit. Längst ist er in allen Belangen der Bessere der beiden Rivalen. Federer hat bei den Australian Open zwar die letzten fünf Fünfsätzer gewonnen, darunter in diesem Jahr gegen John Millmanund Tennys Sandgren, doch letztmals gewann er 2016 in den Viertelfinals von Wimbledon (gegen Marin Cilic) ein Spiel nach 0:2-Satzrückstand noch. Djokovic hatte zuvor nur ein Mal (2010 in den Viertelfinals von Roland Garros gegen Jürgen Melzer) eine 2:0-Satzführung noch verspielt. Federer kommt in den Sätzen zwei und drei zu keiner Breakchance mehr. Im dritten Satz gelingt Djokovic das entscheidende Break zum 4:2.

Am Freitag ermitteln der 26-jährige Österreicher Dominic Thiem (ATP 5) und der 22-jährige Deutsche Alexander Zverev (ATP 7) Djokovics Final-Gegner. Zverev steht erstmals in einem Grand-Slam-Halbfinal, Thiem erreichte 2018 und 2019 jeweils den Final von Roland Garros, beide Male unterlag er Rafael Nadal. Mit sieben Titeln ist Djokovic bei den Australian Open Rekordsieger, erreichte er in Melbourne den Final, gewann er immer das Turnier - 2008, 2011 bis 2013, 2015, 2016 und im letzten Jahr.

Wie es dazu, können Sie hier im Live-Ticker nachlesen: