Gschobe #25
Wenn Uli Forte und Pierin Vincenz zusammenspannen

Sie stammen aus dem gleichen Dorf im Appenzellerland, sind zwischen 45 und 48, treffen sich einmal pro Woche und jassen oder spielen Boule. Pius, Qualitätsmanager, Appenzell; David, Lehrer, Speicher AR; Tobias, Consultant, Zürich; Flavio, Sozialarbeiter, Kirchberg SG; François, Journalist, Windisch

François Schmid-Bechtel
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François Schmid Jasskarte

François Schmid Jasskarte

Flavio: Ich frage mich, ob Uli Forte den Cup-Halbfinal zwischen dem FCZ und den Grasshoppers geschaut hat.

David: Ich denke schon. Ich glaube mich zu erinnern, dass er nach der Entlassung gesagt hat, er würde das Spiel gemütlich zu Hause vor dem Fernseher verfolgen.

Pius: Die Frage ist doch, mit welchen Gefühlen er das Spiel geschaut hat. Schliesslich war er bis vor etwa zehn Tagen noch FCZ-Trainer.

François: Ich an seiner Stelle hätte mir das Spiel nicht angetan.

Tobias: Ich glaube, dass er sehr glücklich ist über den Sieg des FCZ. Vor allem, wenn er trotz Entlassung für den Einzug in den Cupfinal noch Prämien kassiert.

David: Schon. Andererseits muss er mit ansehen, wie sein Nachfolger Ludovic Magnin nun gefeiert wird. Noch schlimmer aus Fortes Sicht: Dem Präsidenten Ancillo Canepa klopft man nun auf die Schultern, weil er Forte entlassen hat. Ich finde es sehr schwierig, so etwas zu verkraften. Unter diesem Aspekt wäre es nichts als normal, wenn er auf einen GC-Sieg gehofft hätte. Umso mehr, weil er damals bei GC ja nicht entlassen wurde, sondern von sich aus zu YB ging.

Flavio: Womit wir zum Forte-Dilemma kommen. St. Gallen, YB, GC, Zürich. Er hat schon die halbe Liga trainiert. Was bleibt da noch? Sion? Da bist du weg, bevor der Koffer ausgepackt ist. Basel? Vielleicht eine Nummer zu gross, wenn man nun hört, dass Forte beim FCZ die Spieler nicht weiter gebracht hat. Luzern? Ja, wahrscheinlich bleibt nur noch Luzern. Aber erst muss es brennen, ehe man Feuerwehrmann Uli um Hilfe ruft.

Pius: Aber er könnte doch wieder bei einem Klub anheuern, wo er schon mal tätig war. Beispielsweise in St. Gallen. Meine Erinnerungen an ihn sind nicht die schlechtesten. Ausserdem deutet in St. Gallen trotz Aufwärtstendenz vieles auf eine Entlassung von Giorgio Contini.

Tobias: Vergiss es. Wenn Contini zu wenig «gschpürsch-mi» ist, ist es Forte erst recht.

David: Das ist unendlich bitter für Forte. Er hat ja kaum noch Aussichten auf einen standesgemässen Job in der Schweiz.

Flavio: Dann muss er halt ins Ausland. Wieso nicht zurück zu den Wurzeln? Ich sähe ihn als Trainer eines mittelmässigen Serie-A-Klubs.

François: Theoretisch wäre das eine Möglichkeit. Aber wie viele Schweizer Trainer sind derzeit in einer der fünf europäischen Top-Ligen engagiert?

Pius: Drei? Vier?

François: Einer, Lucien Favre in Nizza.

Tobias: Daraus schliesse ich, dass Schweizer Trainer im Ausland etwa so gefragt sind wie nordkoreanische Haute Couture in Paris.

François: Oder wie Pierin Vincenz als Chefstratege bei irgendeinem Unternehmen.

David: Apropos Vincenz: Der hat jetzt definitiv ausgespielt. Nach einer Nacht im Knast sind seine Aussichten auf ein Jöbli bedeutend kleiner als jene von Forte.

Pius: Ich bin mir nicht so sicher, ob es Vincenz tatsächlich schlechter geht als Forte. Schliesslich ist Vincenz 61. Forte erst 43. Da bleiben noch ein paar Jahre bis zur Pension.

Flavio: Vincenz und Forte könnten zusammenspannen. Menschen dabei helfen, ein Schockerlebnis zu verarbeiten. Und vielleicht geht ja dann für Forte doch noch ein Türchen in St. Gallen auf – gschpürsch-mi?