Handball-EM
Wenn die Entscheidung unwissentlich schon in der 19. Minute fällt – Spanien ist zum zweiten Mal Handball-Europameister

Spanien sichert sich dank eines 22:20-Sieg über Kroatien den zweiten EM-Titel in Serie. Grosser Held war dabei der spanische Torhüter Gonzalo Perez de Vargas.

Alessandro Crippa
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Kein Platz für zierliche Wesen: Iosu Goni rammt Zlatko Horvat um.
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Igor Karacic durchbricht die spanische Abwehr.
Jorge Maqueda, Mitte der ersten Hälfte eingewechselt, freut sich über einen seiner Treffer.
David Mandic schliesst einen Gegenstoss der Kroaten am Ende der ersten Halbzeit erfolgreich ab.
Spaniens Torhüter Gonzalo Perez de Vargas zeigt eine überragende Leistung.
Ilija Brozovic kann nur zwischenzeitlich feiern.
Spanien feiert: Viran Morros reckt die Schale in die Höhe.
David Mandic wird zuerst von Domagoj Duvnjak...
... und dann von Ilija Brozovic getröstet.

Kein Platz für zierliche Wesen: Iosu Goni rammt Zlatko Horvat um.

Keystone

Davon zu sprechen, dass sich die entscheidende Szene auf dem Weg zum EM-Titelverteidigung für Spanien bereits in der 19. Minute ereignet hat, ist vielleicht etwas übertrieben. Unwesentlich war sie aber mit Bestimmtheit nicht. Spaniens Trainer Jordi Ribera nimmt beim Stand von 7:10 das Timeout und wechselt danach Torhüter Gonzalo Perez de Vargas ein.

Dass der 29-Jährige nicht von Beginn an im spanischen Tor stand überraschte insofern, als dass er vorgängig zum besten Schlussmann des Turniers gewählt wurde. Nach seiner Einwechslung parierte er sechs Würfe in Folge und brachte – zusammen mit Linkshänder Jorge Maqueda – Spanien zurück ins Spiel. Maqueda, ebenfalls nach 19 Minuten eingewechselt, erzielte drei Treffer in Folge und führte das 10:10 herbei.

Nur zehn Gegentore nach der Einwechslung von Perez de Vargas

Nach 34 Minuten klatscht Gonzalo Perez de Vargas seine Hand gegen den Torpfosten. Es ist eine Art High-Five. Denn für einmal wäre er gegen einen Wurf von Luka Stepancic machtlos gewesen. Eine Seltenheit an diesem Abend. Der Torhüter spielte gross auf und brachte die Kroaten mit seinen Paraden reihenweise zur Verzweiflung. In den 40 Minuten, in denen er auf dem Feld war, kassierte er bloss elf Gegentore – eines davon bei einem Penalty, für den er in der Startphase kurzzeitig im Kasten stand. Schlicht grandios.

Perez de Vargas war auf dem Weg zum zweiten EM-Titel Spaniens ein Erfolgsgarant. In den wichtigen Spielen wie gegen Deutschland in der Vorrunde oder im Halbfinal gegen Slowenien war er zur Stelle, wann immer es nötig war. Im Final setzte er seiner starken Gesamtleistung die Krone auf.

Wir gehen nie als Favorit in ein Turnier. Aber am Ende sind wir zur Stelle, wenn es zählt.

(Quelle: Gedeon Guardiola, Abwehrspezialist der Spanier)

In der Schlussphase des Spiels war den Akteuren die enorme Belastung anzumerken, das dieses EM-Turnier abverlangt. Neun Spiele in nur zwei Wochen. Der Zwei-Tages-Rhythmus wurde stets beibehalten. Dies machte sich auf dem Spielfeld bemerkbar. Die Angriffe waren geprägt von vielen Abspielfehlern und deshalb fielen vergleichsweise wenig Tore.

Acht EM-Medaillen für Spanien, sechs für Kroatien

Am Ende siegte Spanien mit 22:20 und verteidigte damit den EM-Titel aus dem Jahr 2018. Es ist erst das zweite Mal nach den Schweden 2002, dass dies einem Team gelingt. Für die Spanier war es bei der 14. EM die achte Medaille. Kroatien sicherte sich das sechste Edelmetall, das erste seit 2016. Mit Domagoj Duvnjak kommt zudem der wertvollste Spieler der EM aus dem kroatischen Team, das seine seit Olympia 2004 anhaltende Gier nach Gold trotzdem nicht stillen konnte.

«Wir gehen nie als Favorit in ein Turnier. Aber am Ende sind wir zur Stelle, wenn es zählt», sagte Abwehrspezialist Gedeon Guardiola vor dem Final. Zur Stelle waren sie in der Tat, die Spanier. Allen voran Gonzalo Perez de Vargas. Zwar erst von der 19. Minute an, aber dann umso mehr. Vielleicht ereignete sich doch schon da die entscheidende Szene. Wissen konnte es da aber noch keiner.