Fussball-Weltmeister
Vom Rampenlicht ins Rechnungswesen

Für die vier Fussball-Weltmeister Roman Buess, Janick Kamber, Robin Vecchi und Granit Xhaka hat gestern nach einer kurzen Ehrung der Schulalltag am KV Liestal wieder begonnen.

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U-17

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bz Basellandschaftliche Zeitung

Jürg Gohl

Sechs Wochen Unterricht haben sie nun verpasst, gestern aber hiess es für Roman Buess, Janick Kamber, Robin Vecchi und Granit Xhaka, in Nigeria alle Mitglieder des U17-Weltmeisterteams, erstmals wieder, die Schulbank zu drücken. Nach einer kurzen offiziellen Begrüssung durch die Schulleitung und verschiedenste Funktionäre war die Zeit des Feierns und des Sich-feiern-lassens für die vier Schüler des KV Liestal vorbei.

Die Eltern, Regierungsrat Urs Wüthrich, KV-Rektor Hanif Zahir, Vertreter verschiedener Ämter, FCB-Präsidentin Gigi Oeri, Arbeitgeber, Lehrer strömten wieder auseinander. Und die vier jungen Fussballer, die neun Tage zuvor noch vor 64 000 Zuschauern in Nigeria und 1,3 Millionen daheim vor dem Fernseh-Gerät den WM-Titel bei der U17 gewonnen haben, kehrten in ihr Klassenzimmer zurück. Längst ist festgelegt, wie die vier jungen Fussballer den Schulstoff aufholen werden.

«Es war ein einmaliges Erlebnis. Wir haben die Begeisterung um uns und die zahllosen Glückwünsche sehr genossen», sagt Granit Xhaka, «aber uns war immer auch klar, dass wir wieder einmal in den Alltag zurückkehren müssen.» Oder wie es Robin Vecchi ausdrückt: «Wir ‹schutten› gerne. Da spielt es keine Rolle, wenn uns wieder nur noch 200 Personen zuschauen, wie wir das von früher gewohnt sind.»

Update

Im Kader der Schweizer U17-Nationalmannschaft, die vor neun Tagen in Nigeria Fussball-Weltmeister ihrer Altersklasse geworden ist, stehen gleich sechs Vertreter, die ihre schulische oder berufliche Ausbildung in Baselland oder Basel-Stadt leisten, beziehungsweise leisteten. Dabei profitieren sie von neuen sportfreundlichen Modellen. (jg)

Engmaschiges Netzwerk

Dem KV Liestal ging es mit dem gestrigen Empfang einerseits darum, den Erfolg zu feiern. Welche Schule kann schon von sich behaupten, vier Weltmeister in der weltweit wichtigsten Sportart weiterzubilden? Andererseits wurde mit der Ehrung auch aufgezeigt, welche Möglichkeiten gerade Baselland und Basel-Stadt bieten, damit von solchen Erfolgen im Sport überhaupt erst geträumt werden darf.

Das komplexe Zusammenspiel von Eltern, Schule, Lehrbetrieb und Verein stand deshalb gestern ähnlich prominent im Mittelpunkt wie die vier KV-Schüler selber. Regierungsrat Urs Wüthrich sprach von einem «engmaschigen Netzwerk». Nur so sei es möglich, dass Talente nicht vor einem «Entweder-Oder» stehen.

Zwei des Quartetts, Roman Buess und Granit Xhaka, arbeiten auf Wüthrichs Bildungs-, Kultur- und Sportdirektion. Die andern, Janick Kamber und Robin Vecchi, in der Privatwirtschaft. Sie alle profitieren von einer zeitlich längeren, auf ihre Bedürfnisse ausgerichteten Ausbildung, die ihnen auch noch ausreichend Zeit für Trainings lässt.

Die beiden verbleibenden Spieler aus der Region im Weltmeister-Team, Torhüter Fabian Siegrist und Aufbauer Kofi Nimeley, haben einen anderen beruflichen Weg gewählt. Aber auch sie haben bereits von speziellen schulischen Einrichtungen profitiert. Siegrist besuchte die Sportklasse an der Sekundarschule Pratteln, Nimeley jene am Basler Gymnasium Bäumlihof.

Nicht erster Erfolg für Sportklassen

Die geehrten Fussballer sind nun nicht die Ersten, die sich in Form eines grossen Erfolgs für die ihnen gebotene Chance bedanken, dass sie Sport und Ausbildung erfolgreich unter einen Hut bringen können. Da gab es zuvor zum Beispiel Karatekämpfer Marco Puglisi oder Judoka Nadia Campestrin.

Doch der aktuelle Fussball-Erfolg ist zweifellos die bisher beste Werbung für die vielen Varianten, mit denen sich Schule, Ausbildung und Spitzensport vereinbaren lassen. Ab 2000 wurden diese stufenweise ins Programm genommen.

Vor zwei Jahren war es die kaufmännische Berufsfachschule, die eine jahrgangsübergreifende Sportklasse einführte. Schulleiter René Grünenfelder sprach von «innovativen Angeboten». Derzeit profitieren im Kanton rund 40 Talente von einer auf sie zugeschnittenen Sonderlösung.