Starwings
Entwarnung, Frust, Ohnmacht, Wut: Starwings verloren Basket-Derby und Alexis Herrmann.

Die 13. Saison in Folge in der Nationalliga A erweist sich, milde ausgedrückt, als „verflixt“. Cheftrainer Roland Pavloski spricht von einer „Ohnmacht, denen wir hilf-los ausgesetzt sind“.

Georges Küng
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Alexis Herrmann wurde auf dem Weg zum Korbleger brutal umgemäht und musste in die Notfallstation eingeliefert werden.

Alexis Herrmann wurde auf dem Weg zum Korbleger brutal umgemäht und musste in die Notfallstation eingeliefert werden.

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Gerade bei Fussballern gilt Basketball als „körperloses Spiel“. Wie oft hört man, vor allem auf regionalen Fussballplätzen, nach einem Foulpfiff des Unparteiischen, den Spruch „Schiri, mir spiele nid Basket“. Das ist aber eine Mär, ja Blödsinn und gehört korrigiert.

„Blutgrätsche“ ausgepackt

Am letzten Sonntagnachmittag lief in der Dreirosenhalle im Kleinbasel im Verbands-Derby zwischen den Starwings und dem BC Boncourt die 15. Minute, als Alexis Herrmann allei­ne auf den Korb zulief. Der Jurassier und das Eigengewächs des BCB, der seit zwei Jah­ren für die „Wings“ spielt, wurde auf den Weg zum unaufgeregten Korbleger brutal umge­mäht. Niedergeholzt.

Eine rüde, völlig unnötige Attacke, wie man sie im Basketball sehr, sehr selten sieht. Die Folge war fatal. Der 25-jährige, 178 Zentimeter grosse Aufbauer, der voll berufstätig ist (was er in Boncourt nicht sein konnte), konnte nicht mehr weiterspielen. Und musste abends in die Notfallstation des Spitals Delémont (Herrmann ist in der jurassi­schen Hauptstadt wohnhaft) eingeliefert werden.

Der «Wings»-Trainer Roland Pavloski und Spielmacher Petar Babic.

Der «Wings»-Trainer Roland Pavloski und Spielmacher Petar Babic.

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Nebst einer schweren Hirnerschütterung befürchtete man auch eine Hirnblutung oder -Gerinsel. Zur Erinnerung: Alexis Herrmann spielt Basket und ist nicht etwa Boxer.

Zum Glück konnten die Ärzte nach Mitternacht, bezüglich der Hirnblu­tung, Entwarnung geben. Aber sie verordneten dem Aufbauer eine strikte, mehrwöchige Bettruhe und Trainingsverbot. Damit dürfte Herrmann, welcher in dieser Saison konstant von Krankheiten und Verletzungen heimgesucht wur­de, bis auf weiteres ausfallen. Eventu­ell gar bis zum Saisonende.

Niedere Instinkte

Ebenfalls negativ fiel Raimundas Danys auf. Der Litauer wusste nichts Besseres zu tun, als mehrmals bewusst, extra und gezielt auf die Gesichtsmaske von Allyn Hess zu schlagen. Der Amerikaner in Diensten der Starwings erlitt bekanntlich vor drei Wochen einen Nasenbeinbruch und spielt mit diesem Schutz.

Der Balte scheint das Wort Anstand, Respekt und Sportgeist nicht zu kennen. „Danys fiel mir schon in der letzten Spielzeit, als er für Union Neuchâtel spielte, negativ auf. Mag er ein guter Flügelspieler und Dreipunkte-Werfer sein, so unterlässt er nichts, um seinen Gegenspieler zu malträtieren“, so Cheftrai­ner Roland Pavloski.

Raimundas Danys fiel, aufgrund eines Schlages auf die Gesichtsmaske von Allyn Hess, negativ auf.

Raimundas Danys fiel, aufgrund eines Schlages auf die Gesichtsmaske von Allyn Hess, negativ auf.

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Nun könnte man sagen, dass die Partie ja von einem Ref-Trio namens Markos Michaeli­des, David Mazzoni und Grégoire Pillet geleitet wurden. Drei Romands (Mazzoni hat Tes­siner Wurzeln). Dass der nationale Basket eine Sache von Romands und Tessinern ist und bleiben soll, ist eine Tatsache. So, wie der französische und italienische Teil im Schweizer Hand­ball keine Rolle spielen, ja inexistent sind.

Dass die Starwings im Sommer 2005 un­erwartet in die Nationalliga A aufstiegen und seither im Oberhaus mitspielen, scheint für die „Obrigkeit“ störend zu sein.

Nationaltrainer und Ref zugleich...

Hauptref Michaelides ist ein internationaler Ref und gilt als „lammfromm“. In der nationalen Meisterschaft kaschiert der Romand seine Präferenzen weniger. Nun muss man wissen, dass der Basket-Enthusiast auch Verbandsangestellter ist und zeit­weise Nationaltrainer der U20-Mannschaft war. Und in technischen Kommissio­nen mitwirkte. Und vielen Spie­lern persönlich sehr nahe steht.

Man stelle sich vor, im Fussball würde der Schweizer Na­tionalcoach zugleich Matches der obersten Liga (Raiffei­sen Super League) arbitrieren... Und es ist in der Basket-Szene ein offenes Geheimnis, dass Monsieur Michaelides mit Ex­ponenten „ennet des Röschtigrabens“ wenig bis nichts anfangen kann.

Egal, ob Trainer, Aktive, Vereine oder Medienschaffende. Dass die Refs, nach einigem Zögern, ein Foul an Ale­xis Herrmann pfiff, sei auch noch erwähnt... Korrekt wäre ein absichtliches Foul, ja so­gar Platzverweis gewesen.

Roland Pavloski spricht von einer „Ohnmacht, denen wir hilflos ausgesetzt sind“.

Roland Pavloski spricht von einer „Ohnmacht, denen wir hilflos ausgesetzt sind“.

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In der Bundesliga würde man ein Verfahren, vor allem gegen Danys, eröffnen. In der be­schaulichen Schweiz (die auf Klubebene den Europacup seit Jahren wie der Teufel das Weihwasser meidet) geht man zur Tagesordnung über. Dass „Wings“-Trainer Pavloski nach der Endsirene seine Tafel wutentbrannt auf den Boden schmiss, ist verständlich.

Es war ein Mix aus Frust, Ohnmacht und Wut. Dass der Verein nicht in der Lage ist, den Spielmacher Petar Babic (dessen schwere Verletzung ein Versicherungsfall ist) zu erset­zen, hat aber nichts mit Refs, Rivalen und Verband zu tun. Gestern Abend gab Union Neuchâtel be­kannt, dass sein Spielmacher Spencer Parker (ein 15-Punkte-Mann) in die USA zurück­kehrt. Sein Ersatz ist bereits im Anflug!

Es fehlt an allem

Seit dem 15. Januar, und noch bis Monatsende, ist Transferperiode. „Ich habe Kontakte zu Schweizer Akteuren, die zu uns kommen würden. Die uns helfen könnten; umso mehr, als ich ein Lazarett habe“, so Trainer Pavloski. Aber auch da sind dem Birsfelder die Hände gebunden. Zumidest Wohnung, Kost und ein kleines Salär (im tiefsten vierstelligen Be­reich) müsste man diesen Spielern offerieren. Geht in Birsfelden aber nicht.

Die Quintes­senz ist, dass ein Jérémy Landenbergue (ex-Boncourt), der die Saison 2017/18 in der Slo­wakei angefangen hat, nun bei Lausanne Pully unterschrieben hat. Der Nationalspieler hätte nicht ungerne bei den Starwings gespielt, wo er mit Herrmann, Branislav Kostic und Nemanja Calasan auf drei ehemalige Teamkollegen aus seiner Zeit im Jura gestossen wäre. Nun verstärkt er einen direkten Rivalen um einen Playoff-Platz.

An diesem Wochenende müssen sich die „Wings“ nicht aufregen und benachteiligt vor­kommen. Das Final-Wochenende im Ligapokal in Montreux steht an. Mit Fribourg, Genf, Lugano und Massagno. Bei den Frauen lautet das Endspiel Fribourg gegen Troistorrents. Romands und Tessiner sind unter sich, die Unparteiischen aus dem Welschland und der „Sonnenstube der Schweiz“ auch. Eine harmonische, heile Basketball-Welt also.