Fabian Cancellara
Cancellara: «Wer das wagt, muss verrückt sein»

Im Norden Frankreichs blies die Bise in seltener Stärke. Wer sich wie Fabian Cancellara unter solchen Bedingungen zu einer Solofahrt über 50 km aufmacht, der muss verrückt sein . Genau dieser Gedanke ging dem Sieger bei seinem Vorstoss durch den Kopf.

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Fabian Cancellara gewinnt Paris-Roubaix

Fabian Cancellara gewinnt Paris-Roubaix

Keystone

Im Velodrom von Roubaix wurde Cancellara von den Tausenden von Zuschauern mit einer Standing Ovation empfangen. Das Publikum wusste die ausserordentliche Leistung des Berners zu würdigen. Danach liess der Sieger seinen Gefühlen freien Lauf. Cancellara war minutenlang in Tränen. Dann drückte er seine Frau Stephanie und Töchterchen Giulia so lange und kräftig, dass man sich beinahe Sorgen machen musste.

Fabian Cancellara, was veranlasste Sie, in diesem Paris- Roubaix schon 50 km vor dem Ziel anzugreifen?Fabian Cancellara: Ich bin auf das Spiel von Tom Boonen mit seinen Angriffen eingegangen. Das war eigentlich schlecht. Von meinem Mannschaftswagen erhielt ich den Ratschlag, ruhig zu bleiben und Kräfte zu sparen, aber dann in einer gewissen Situation mein Maximum zu geben. Das habe ich dann gemacht, ich habe etwas Gas gegeben. Hätte sich in meinem Rücken ein grösseres Feld gebildet, hätte ich den Angriff wohl abgeblasen, weil die Gegner dann auch gegen mich gefahren wären. So konnte ich aber damit rechnen, dass nicht alle Boonen ins Ziel führen wollen.

Aber 50 km in diesem Gegenwind!Cancellara: Mir schoss durch den Kopf, dass ein solcher Fahrer verrückt sein muss,der so etwas wagt . Aber ich wusste auch, dass es für die Gegner enorm schwierig wird, sobald ich einmal einen kleinen Vorsprung aufweise. Am Schluss hatte ich Beinkrämpfe. Geplant war mein Angriff nicht von langer Hand. Aber ich habe mir immer eingeredet, dass ich mein eigenes Rennen fahren und weniger auf die anderen Fahrer schauen muss.

Nach diesem Triumph muss Ihre Genugtuung ausserordentlich gross sein .Cancellara: Dieser Sieg macht mich stolz. Aber wie schon letzte Woche nach der Flandern-Rundfahrt wird es wohl wieder einige Tage dauern, bis ich realisiere, was mir gelungen ist. Jedenfalls betrachte ich mich als grossen Sieger.

Können Sie abschalten? Sie stehen auf der Startliste des Gold Race vom nächsten Sonntag.Cancellara: Daran mag ich noch gar nicht denken, und ob ich voll fahren werde, steht noch in den Sternen. Es zählt der Augenblick, und diesen geniesse ich mit meiner Familie und der Mannschaft mit einer Party (am Sonntagabend, Red.). Das Team hat erneut hervorragend für mich gearbeitet. Deshalb ist es nur richtig, dass ich es an meiner Freude teilhaben lasse. (si)