Höchstetten
«Adie» ist bei Ueli ein gutes Zeichen

Gutes Wetter hat das Eidgenössische Hornusserfest begünstigt. Viel Volk kam am ersten Wochenende aufs Festgelände. Angetroffen hat diese Zeitung zum Beispiel Karin Martini und Ueli Wyss.

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Hornussen
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Flaches Land benötigt 50 Hektaren: Ein Eidgenössisches Hornusserfest braucht für seine 34 Ries grosse Flächen flaches Land. In der Umgebung von Höchstetten finden sie sich. (Fotos: Felix Gerber)
Nachwuchs Früh übt sich: In den unteren Stärkeklassen kann der Nachwuchs seine Erfahrungen bei den Grossen sammeln.

Hornussen

Berner Rundschau

Armin Leuenberger

Wer über das Wochenende auf der Hauptstrasse in Höchstetten Richtung Bern oder Zürich fuhr, der staunte nicht schlecht, auf welch grosser Landfläche sich die gegen 3000 Hornusser auf den 34 Ries verteilten. Jeder wollte am «Eidgenössischen» gut abschneiden und hatte zwei Ziele vor Augen: Möglichst lange Streiche schlagen und möglichst keinen Nouss im Ries fallen lassen. Lange nicht allen ist dies jedoch gelungen. Für viele aber gab es schon an den drei ersten Wettkampftagen etwas zu feiern. Da sind zum Beispiel Fritz Kaufmann, HG Wohlen-Murzelen, und Peter Berchtold, HG Alchenstorf, welche in ihren Stärkeklassen die ersten Plätze als Einzelschläger belegen und nun in einer Woche zum erstmals stattfindenden Königsausstich antreten dürfen.

Frauen sind willkommen

«Bis zum bitteren Ende» steht auf der Schindel von Karin Martini-Kölliker von der HG Langenthal-Wynau. Die 33 Jahre alte Mutter eines neunjährigen Buben ist schon lange Jahre Hornusserin. Obwohl sie auf dem linken Auge fast nichts sieht, kann sie vorne im Spielfeld praktisch bei jedem Streich die Flugbahn des Nouss genau nach hinten melden. Sie ist so eine grosse Stütze für die Mannschaft. Der Zahntechnikerin gelang das Fest in Höchstetten nicht nach Wunsch. Für die Einzelauszeichnung fehlte der sechsfachen Kranzgewinnerin ein lumpiges Pünktlein. Dafür konnte sich die langjährige Präsidentin des Vereins am Gewinn eines Trinkhornes erfreuen, belegte doch ihre HG Langenthal-Wynau am Schluss den 2. Rang in der 5. Stärkeklasse. «Frauen sind bei uns jederzeit erwünscht, das ist aber noch lange nicht überall so», sagt Präsident Roger Lanz, der letztes Jahr die Nachfolge von Karin Martini übernommen hat.

Mit Karin Hügli spielt übrigens auch in einer weiteren Oberaargauer Mannschaft eine junge Frau mit. Die Hornusser von Heimiswil-Berg B können seit längerer Zeit auf die Zuverlässigkeit der ehrgeizigen Mitarbeiterin in der Finanzverwaltung des Kantons Bern zählen (vgl. Sonntag-Ausgabe).

Enorme Anspannung

Die körperliche wie auch die geistige Anspannung vor dem Abschlagen ist bei einzelnen Hornussern enorm. Da ist zum Beispiel der mittlere der drei Wyss- Brüder von der Hornussergesellschaft Heimiswil-Berg B, Ueli. «Adie» zischt er jeweils zwischen den Zähnen hervor, wenn er seinen Nouss vom Bock geschlagen hat. Das sei bei ihm stets ein Zeichen, dass er den kleinen Hartgummi-Kobold gut getroffen hat, und somit einen langen Streich erwarten dürfe, sagt einer seiner Mitspieler. «Die Kraft, die Präzision und alles hat zusammengepasst, die Anspannung löst sich, das tut wohl», erklärt Ueli Wyss sein Markenzeichen.

Abseits des grossen Rummels gibt es auch in einem kleinen Nest wie Höchstetten mit knapp 300 Einwohnern Leute, die eine gute Nase fürs Geschäft haben. Da hat zum Beispiel Paul Heer, weil er im Festgelände nicht zugelassen wurde, in seinem Pasta-Shop in der alten Käserei eine Spaghetti-Bar eingerichtet. Dort bietet er Rahm-Pasta, Spaghetti Bolognese und Spaghetti Aglio e Olio an. Für das zweite Wochenende sollen noch frittierte Ravioli dazu kommen.

1000 Stunden Einsatz

Enorm ist, was ein Grossanlass vom Ausmass eines «Eidgenössischen» alles für Zahlen zu präsentieren hat. Für die über 6000 teilnehmenden Hornusser, Kampf- und Schiedsrichter sowie die erwarteten insgesamt gegen 20 000 Besucher sind 15 000 Hauptmahlzeiten geplant. Für die 268 Mannschaften ist eine Fläche von 50 Hektaren Land erforderlich. 40 Trinkhörner müssen als Mannschaftspreise bereit gestellt werden. Dazu kommen 24 Glocken als Preise für Einzelwettkämpfer. 1000 Einsatzstunden leisten die Angehörigen der Feuerwehr Regio Koppigen.

8000 Festführer zu je 114 Seiten wurden gedruckt, 53 000 Flyer für die verschiedenen Unterhaltungsprogramme in Umlauf gebracht. 600 Quadratmeter misst die Küche, dazu mussten 500 Meter Abwasserleitungen gelegt werden. Ein findiger Rechner hat zudem herausgefunden: An allen sechs Spieltagen legen die geschlagenen Nousse der 5500 Hornusser einen Weg von rund 10 178 Kilometern zurück - und das ohne jegliche Umweltimmissionen.