Die Teilnehmer der Schach-Weltmeisterschaften, Carlsen und Caruana, verdienen gutes Geld. Wie geht es dem Schweizer Meister?
Sebastian Bogner trägt denselben Titel wie die Schachgenies Magnus Carlsen und Fabiano Caruana. Alle drei sind «Grossmeister». Vom Niveau Carlsens und Caruanas, die bisher an der WM gleichauf sind und gestern ihre neunte Partie bestritten, ist der 27-Jährige dennoch weit entfernt. In der Weltrangliste trennen den gelernten Industriekaufmann rund 200 Punkte von den beiden WM-Finalisten. Das sind Welten. Bogner sagt, so ein grosser Abstand sei in etwa zu vergleichen mit dem Stärkenunterschied zwischen erster und dritter Fussballbundesliga, wenn überhaupt.
Um Schachgrossmeister zu werden, gilt es, eine Reihe internationaler Normen zu erfüllen und Resultate zu erzielen. Mittlerweile tragen weit über tausend Spieler diesen seit 1950 verliehenen Titel. Die wenigsten Grossmeister können wie Carlsen oder Caruana vom Schachsport leben.
Der amtierende Schweizer Meister Bogner kann es – zumindest indirekt. Er verdient seinen Lebensunterhalt mit Schachunterricht. Er lehrt junge Schachspieler und begleitet diese teilweise an Turniere. Daneben absolviert Bogner das Studium zum Betriebswirtschafter in Rapperswil.
Lehrt der Deutsche, der seit gut fünf Jahren für Schweizer Vereine spielt, kein Schach, trainiert er. Täglich absolviert Bogner ein- bis zweistündige Taktikübungen. Drei Wochen, bevor er ein Turnier spielt, beginnt er mit der unmittelbaren Vorbereitung. Dann stehen täglich drei bis vier Stunden Training auf dem Plan. Bogner arbeitet sich alleine, ohne Trainer oder Übungspartner, am Computer und Brett durch Varianten und Taktiken.
Ein paar Mal pro Jahr trainiert Bogner mit einem ungarischen Grossmeister. Zum Programm gehört neben der Kopfarbeit auch der Gang ins Fitnessstudio. «Körperliche Fitness hilft dabei, bei längeren Partien weniger Fehler zu machen», sagt er. «Im Schach ist es so: Wenn du einen Fehler machst, musst du die ganze Partie über leiden.» Deshalb versucht man, durch physisches Training die Ausdauer am Brett zu fördern. Das hat zur Folge, dass kein einziger Weltklassespieler übergewichtig ist.
Und wie ist das so, gegen den Weltmeister Magnus Carlsen zu spielen? Bogner hat es einmal erlebt, er war 14 Jahre alt, Carlsen 15. Der Norweger setzte ihn in 30 Zügen matt.
Auch das neunte Duell der Schach-WM endete gestern unentschieden. Was sind die Gründe für die vielen Remis? Zum einen der WM-Modus. Der Weltmeister wird über die Dauer von nur 12 Partien ermittel – lange waren es 24. Das drückt auf die Risikobereitschaft der Kontrahenten. Weder Magnus Carlsen noch Fabiano Caruana wollen in einer achten oder neunten Partie angriffig auf Sieg spielen. Es würden sonst nur wenige Möglichkeiten bleiben, den Rückstand auszumerzen.
Zum anderen gibt es schlicht Remis, weil eine Schachpartie nicht mit einem Sieger und einem Verlierer enden muss wie ein Tennis-Duell zwischen Federer und Nadal. Dazu scheint an der WM der Anzugvorteil nicht zu gelten. Oft hat Weiss die etwas besseren Gewinnchancen, weil es die Partie beginnt.
Doch bisher war häufig das Gegenteil der Fall. Mehrere Male kam der Weiss führende Spieler unter Druck. Dies, weil sowohl Caruana als auch Carlsen exzellent vorbereitet sind für ihre Partien mit Schwarz, um den Anzugsnachteil wettzumachen. Währenddessen scheint die Vorbereitung mit Weiss vernachlässigt. Besonders Carlsen schienen mit Weiss oft zündende Ideen zu fehlen. Folglich ist Schwarz gut vorbereitet, um eine Niederlage zu verhindern, während Weiss einfallslos agiert und das Risiko scheut. Diese Konstellation läuft auf Remis hinaus. (pw)