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Russland und Neuseeland eröffnen am Samstag den Confederations-Cup. Aus deutscher Sicht ist dieser alles andere als ein Bedürfnis.
Ist der Confederations-Cup eine Schnapsidee? Immer mehr Fussballfans stellen sich diese Frage. Welchen Sinn macht es, ein paar Wochen nach Meisterschaftsende noch um einen unbedeutenden Pokal zu spielen?
Keinen, würde Joachim Löw im stillen Kämmerlein sagen. Der deutsche Nationaltrainer hält den Terminkalender schon lange für überladen. Spieler wie Toni Kroos und Sami Khedira, die vor zwei Wochen noch im Final der Champions League standen, brauchen nach einer langen Saison dringend eine Pause. Dasselbe gilt aber auch für andere wie Mesut Özil, Mats Hummels und Thomas Müller.
Dem hat Löw nun Rechnung getragen. Wenn am Samstag der Confed-Cup mit den besten Teams der Kontinentalverbände plus Gastgeber Russland und Weltmeister Deutschland beginnt, weilen seine besten Spieler in den Ferien, statt im fernen Russland weiter dem Ball nachzujagen. Mit Blick auf die WM 2018 zieht Löw es vor, seinen Topstars die Gelegenheit zur vollständigen Regeneration zu geben. Er weiss: die Chancen, dass seine Cracks in der kommenden Saison weniger verletzungsanfällig sein werden, sind dadurch grösser.
Gerade in einem WM-Jahr ist dies von kapitaler Bedeutung. Weil sich Deutschland als Weltmeister aber nicht so einfach vom Turnier abmelden kann, macht Löw gute Miene zum bösen Spiel und sagt: «Ich finde den Confed-Cup wirklich spannend für uns, weil wir mit diesem Kader gewisse Erfahrungen und Eindrücke sammeln können.» In seinem Aufgebot stehen Talente wie Leon Goretzka, Timo Werner und Amin Younes. Aber auch altgediente Profis wie Sandro Wagner und Lars Stindl erhalten eine Möglichkeit, sich auf der internationalen Bühne zu zeigen.
Allerdings bereitet die deutsche Strategie dem Veranstalter keine Freude. Die Russen hätten viel lieber die Weltmeister von 2014 zu Gesicht bekommen. Auch deshalb sind die Ticketverkäufe für die Spiele in Moskau, St. Petersburg, Kasan und Sotschi eine Enttäuschung. Aber auch in Deutschland ist die Lust gering, die Mannschaft nach Russland zu begleiten. Lediglich 1900 Fans werden erwartet.
Gruppe A:
Samstag, 17. Juni, St. Petersburg, Russland - Neuseeland, 17.00 Uhr (MEZ)
Sonntag, 18. Juni, Kasan, Portugal - Mexiko, 17.00 Uhr
Mittwoch, 21. Juni, Moskau, Russland - Portugal, 17.00 Uhr
Mittwoch, 21. Juni, Sotschi, Mexiko - Neuseeland, 20.00 Uhr
Samstag, 24. Juni, Kasan, Russland - Mexiko, 17.00 Uhr
Samstag, 24. Juni, St. Petersburg, Portugal - Neuseeland, 17.00 Uhr
Gruppe B:
Sonntag, 18. Juni, Moskau, Kamerun - Chile, 20.00 Uhr
Montag, 19. Juni, Sotschi, Deutschland - Australien, 17.00 Uhr
Donnerstag, 22. Juni, St. Petersburg, Australien - Kamerun, 17.00 Uhr
Donnerstag, 22. Juni, Kasan, Chile - Deutschland, 20.00 Uhr
Sonntag, 25. Juni, Sotschi, Deutschland - Kamerun, 17.00 Uhr
Sonntag, 25. Juni, Moskau, Chile - Australien, 17.00 Uhr
Halbfinals:
Mittwoch, 28. Juni, Kasan, 1. A - 2. B, 20.00 Uhr
Donnerstag, 29. Juni, Sotschi, 1. B - 2. A, 20.00 Uhr
Spiel um Platz 3:
Sonntag, 2. Juli, Moskau, Verlierer Halbfinal 1 - Verlierer Halbfinal 2, 14.00 Uhr
Final:
Sonntag, 2. Juli, St. Petersburg, Sieger Halbfinal 1 - Sieger Halbfinal 2, 20.00 Uhr
Das liegt aber nicht nur am mangelnden sportlichen Wert des Turniers. In diesen Wochen sind abschreckende Bilder aus Russland zu sehen. Menschen, die sich auf die Strassen und Plätze wagen, um gemeinsam gegen die Korruption im Land zu demonstrieren, werden von der Polizei geknüppelt und verhaftet.
Wie in Brasilien vor vier Jahren bieten auch die überteuerten Stadien in Russland Angriffsflächen. Nicht zuletzt wegen der Korruption ist die Zenit-Arena in St. Petersburg sechs Mal so teuer wie geplant und soll nun 900 Millionen Euro kosten. Dazu berichtet die Organisation Human Rights Watch von katastrophalen Bedingungen beim Stadionbau und von Arbeitern aus Nordkorea, die für Hungerlöhne schuften müssen.
Die Liste der Probleme rund um Russland lässt sich problemlos verlängern. Der Terror, die Annexion der Krim, der Ukraine-Konflikt, der Rassismus, die Hooligans, der Dopingskandal sowie die Verstösse gegen die Presse- und Meinungsfreiheit laden nicht unbedingt zum Besuch des Riesenlandes ein.
«Die Versuche, aus Russland ein gefährliches Land zu machen und uns schlechtzureden, kennen wir schon, das haben wir auch in Sotschi vor den Olympischen Spielen gesehen. Und was war? Alle waren zufrieden», kontert Sportminister Vitali Mutko.
Der Confed-Cup aber ist ein Auslaufmodell. Weil die WM 2022 in Katar im Winter stattfindet, gibt es dannzumal gar keinen Termin für ihn. «Ich glaube, dass sich der Wettbewerb überlebt hat», sagt DFB-Präsident Reinhard Grindel. Der Sinn, die «Mini-WM» als Generalprobe für die Endrunde auszutragen, habe sich «erübrigt». So könnte das Turnier in Russland der letzte Confed-Cup sein. Es ist zu hören, die Fifa plane an seiner Stelle eine Klub-WM .
Klingt wie eine Schnapsidee.