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Die Berner Young Boys haben im Halbfinal den FC Basel mit einem souveränen 2:0-Heimsieg geschlagen. Was auffällt: Die Berner haben die Waffen benutzt, die den FCB einst an die Spitze brachte: Konstanz, Einheit und die Fähigkeit, auch dreckige Spiele zu gewinnen.
Da sitzen sie also. Links Adi Hütter, den wartenden Journalisten frech zuzwinkernd. Rechts Raphael Wicky, hilfesuchend in die Leere des Raumes blickend. Links der Sieger im Cup-Halbfinal, rechts der Verlierer. Links der Trainer von YB, rechts jener des FC Basel. Und sowohl links als auch rechts das Sinnbild ihrer jeweiligen Mannschaft: absolutes Selbstvertrauen gegen pure Sorgen.
Das Auftreten der beiden Trainer hätte nicht besser inszeniert werden können als wenige Minuten nach dem Ende dieses Cup-Duells zwischen YB und dem FCB, das an diesem Abend nur einen Sieger verdient hatte: die Berner Young Boys. Diese konnten auf eindrückliche Art und Weise untermauern, dass sie in diesem Kalenderjahr, oder viel mehr in dieser Saison, die Nummer 1 im Schweizer Fussball sind. Während man sich in Basel fragen muss: Was ist passiert? Und wer zum Teufel soll diese Berner stoppen, wenn schon wir es nicht können?
Die gut 90 Minuten im Stade de Suisse sind kein Zufallsprodukt eines schwarzen Abends der Basler, der ausgerechnet mit einer herausragenden Leistung der Berner zusammenfällt. YB war nicht die Verkörperung unbestrittener Dominanz. Sie waren besser, von der ersten Sekunde an. Das schon. Aber: «Ich fand uns schwach. Nicht YB überragend», brachte es FCB-Sportchef Marco Streller am Tag nach dem Spiel auf den Punkt.
Denn der FC Basel, er war tatsächlich in allen Belangen schwach. Schwächer noch als gegen Lugano und St. Gallen zuletzt. Denn da kreierte man zumindest einige Chancen. Gegen YB aber konnte keine Gefahr ausgestrahlt werden, der tödliche Pass wurde vermisst, der Ideenreichtum ebenfalls. So resultierte das vierte Spiel in diesem Jahr, in dem kein Tor zu gelingen vermochte. Während YB die Chancen eiskalt nutzt, die es hat. In der Manier eines Meisters. Und mit bestechender Konstanz, die einst ein unbestrittenes Basler Attribut war.
1. Young Boys 23/52
2. Basel 22/41
3. St. Gallen 23/33
4. Zürich 23/32
5. Lugano 23/31
6. Grasshoppers 23/30
7. Luzern 23/30
8. Lausanne 22/25
9. Thun 23/24
10. Sion 23/20
Aber es ist nicht nur die krankende Offensive, die den blutleeren Auftritten des (Noch-)Meisters zugrunde liegt. Vielmehr scheint es, als hätten YB und der FCB in diesem Sommer die Rollen getauscht. Der «alte» FCB konnte dreckige Spiele gewinnen. Solche wie am Dienstag, die von Intensität geprägt und frei von Schönheit sind. Er entschied sie grösstenteils für sich, während YB in solchen Affichen meist schwächelte. Ebenso wie gegen die Kleinen. Doch wer ist es, der die Kleinen aktuell schlägt? Eben.
Der FCB hat sein Selbstvertrauen verloren. Das gab Luca Zuffi nach Spielschluss zu. Dieser Zuffi, der sonst noch immer die Fäden im Zentrum zu ziehen und das dortige Spieltempo zu bestimmen weiss, dieses Mal jedoch aufgrund der überragend agierenden Berner Doppelsechs aus Sanogo/Sow nie Zugriff auf das Geschehen bekam. Wenn dann eine Linie weiter hinten eine neuformierte Dreierkette agiert, der die Unsicherheit aus meterweiter Distanz anzumerken ist, ist es schlicht eine Verkettung vieler kleiner Teilchen, die im Gesamten eine tödliche Mischung ergeben.
Dass dieser FC Basel Fussball spielen kann, daran darf man keinen Zweifel hegen. Denn er hat ein Kader, das über herausragende – wenn auch sich aktuell in Formkrisen befindende – Einzelspieler verfügt. An diesem Punkt liegt jedoch eines der Kernprobleme. Denn die Basler sind exakt das: Einzelspieler. Zusammenhangslos agierende, Automatismen vermissen lassende Individuen, die zu sehr mit sich und ihrer jeweiligen Krise beschäftigt sind. Die Berner Young Boys aber sind eine verschworene Truppe. Eine Einheit. Bei der jeder sich für jeden verreisst, und das in jedem Einzelnen lodernde Feuer den Nebenmann noch die entscheidenden zehn Prozent stärker zu machen scheint.
Zu dieser Verschworenheit muss auch der FCB wieder zurückfinden. Dass er das kann, hat er im Herbst bewiesen. Aber damals hatte man noch mehr Zeit. Jetzt aber läuft dem FCB genau diese davon. Rafft der FCB sich nicht sofort zusammen und findet das Selbstverständnis, das ihn über die letzten Jahre hinweg ausgezeichnet hatte, dann tritt ein, was immer wahrscheinlicher wird: dass Lehrling YB Meister FCB düpiert. Nicht nur im Cup.